Dossier 
Heinrich Zillich (1898-1988)
Teil I

 


 

Fragwürdige Ehrung
Weder Mythisierung noch pauschale Verurteilung
Glückwunsch für rechtslastigen Verleger
Wirken und Wirkung Heinrich Zillichs nach dem Zweiten Weltkrieg. Persönliche Erinnerungen an einen außergewöhnlichen Siebenbürger
Der Dichter und Deuter der deutschen Sendung?
Was bedeutet "deutsch und abendländisch" in der Auffassung der Nazis?
 

William Totok

"Die Finger zu rostigen Krallen gebogen"
Heinrich Zillich und die Topographie der Verdrängung

Klaus Popa

Zillichs politischer Standort in den 30er Jahren
Mosaik Heinrich Zillich
Zur Rezeptionsgeschichte von Zillichs Prosa
Austriazismus und südöstliches Soldatentum
Zillich über Hitler
Das Volk in Zillichs Sicht
Zillichs Europaverständnis

Mystifizierungen

Ein Siebenbürger Opfer der Siegerjustiz
Nachruf auf Zillich


Fragwürdige Ehrung

München. Im Münchner "Haus des deutschen Ostens" fand am 4. Juli eine Veranstaltung anläßlich des 100. Geburtstages des Schriftstellers Heinrich Zillich (1898 - 1988) statt. Der aus Siebenbürgen stammende Zillich hatte bereits als Leutnant der Kaiserjäger gegen die ungarische Räterepublik gekämpft. Nach einem Studium in Berlin kehrte er nach Siebenbürgen zurück und wurde im damaligen Kronstadt Herausgeber der deutschsprachigen Zeitschrift "Klingsor". Die Nazis ehrten den Volkstumspolitiker Zillich 1937 mit einem Ehrendoktorat der Universität Göttingen. Seine während des NS-Regimes in großen Auflagen verbreiteten Bücher, insgesamt waren es 37 mit einer Gesamtauflage von 1,5 Millionen Exemplaren, brachten Zillich zu einigem Wohlstand. Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurde Zillich Offizier der Wehrmacht und dort für die Herausgabe der "Feldpostausgaben deutscher Dichtung" verantwortlich. Nach der Befreiung vom Hitler-Faschismus war er Sprecher, später Ehrenvorsitzender, der "Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen" und ab 1959 Herausgeber der "Südostdeutschen Vierteljahresblätter" des "Südostdeutschen Kulturwerks". Zum rechten Rand der Nachkriegsrepublik pflegte Zillich enge Kontakte. Dem neofaschistischen "Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes" (DKEG) [*] gehörte er als Ehrenmitglied an. 1977 hielt Zillich bei der "Gesellschaft für Freie Publizistik" (GFP) [**] einen Vortrag über die "Deutschen in Südosteuropa". Anläßlich seines Todes im Jahre 1988 trauerte das von dem ehemaligen SS-Offizier Arthur Erhardt gegründete Theorieorgan "Nation Europa"[***] "um einen Freund, der in den Gründungsjahren wesentliche Beiträge in unserer Zeitschrift veröffentlicht hat".
hma

Aus: Antifaschistische Nachrichten, 14/1998

Anmerkungen:

[*] Das "Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG) ist eine rechtsextremistische Organisation, die bereits 1950 gegründet wurde, um den zahlreichen NS-belasteteten Literaten nach 1945 eine Plattform zu geben. Der österreichische DKEG-Ableger wird von Lisbeth Grolitsch geführt. Die Gruppe veranstaltet seit Mitte der siebziger Jahre alljährlich sogenannte 'Gästewochen', Diskussionsforen des internationalen Rechtsextremismus mit Referenten wie dem Schweizer Eidgenoß-Herausgeber Max Wahl, Hitler-Leibwächter Otto Ernst Renner, dem Artegemeinschaft-Vorsitzenden Jürgen Rieger, dem Revisionisten Udo Walendy und dem NPD-Vorsitzenden Günter Deckert. Das DKEG-Präsidiumsmitglied Herbert Schweiger war im Gegenzug 1992 als Leiter für ein NF-Seminar angekündigt." [NF, d.i. die 1985 gegründete Nationalistische Front; die Neonaziorganisation wurde im November 1992 verboten. Anm. HJS] Das DKEG hat sich 1996 selbst aufgelöst. Seine Arbeit wird heute vom "Deutschen Kulturwerk" fortgesetzt, das "mit seinen Veranstaltungen rechtsextremistisches Gedankengut - auch über den engeren Kreis rechtsextremistischer Zirkel hinaus - zu verbreiten" versucht, heißt es in dem im Internet veröffentlichten Zwischenbericht 1998 des Verfassungsschutzes aus Nordrhein Westfalen. Unter den Referenten der DK-Veranstaltungen befand sich auch Manfred Roeder, ("allgemein bekanntgeworden durch seinen Auftritt in der Bundeswehrführungsakademie").Als bezeichnendes Beispiel für die rechtsextremistische Tendenz des "Deutschen Kulturwerks" wird im Zwischenbericht folgende Passage aus der Einladung zu einer Veranstaltung am 4. April 1998 zitiert:
"Wir als die letzten oder ersten (?) freien Geister von heute; als Träger der Erkenntnis, daß Freiheit und Vaterland sich bedingende, untrennbare Begriffe sind, erklären der 'Political correctness' den (geistigen) Krieg. Und mit ihr einem Regime, daß sich nicht scheut 'Menschenrechtsverletzungen' im guayanischen Busch, in Lummerland oder auf dem Mars anzuprangern und gleichzeitig seinen Bürgern einen Maulkorb aus Willkürparagraphen umhängt, Bücher verbrennen lässt (wo man Bücher verbrennt, brennen bald auch Menschen - wann kommt der erste 'Rechtsextremist' auf den Scheiterhaufen der PC-Inquisition?) und missliebige Oppositionelle belauscht und bespitzelt. Dies alles geschieht mit der Vorgabe, irgendwelchen bizarren Randexistenzen und sich selbst für wichtig haltenden 'Minderheiten' 'Schutz und Rechtssicherheit' zu garantieren - ein Hohn, wenn man zurecht annehmen muss, daß es sich hierbei um jene Rechtsgüter handelt, derer das deutsche Volk und speziell der deutsche Soldat der Wehrmacht und der Waffen-SS in so gut wie allen Bereichen seit einem halben Jahrhundert entbehrt."

Vgl. Rainer Fromm/Barbara Kernbach, Europas braune Saat. Die internationale Verflechtung der rechtsradikalen Szene, Bonn 1994, S. 74.

[**] In ihrer im Internet veröffentlichten Selbstdarstellung bezeichnet sich die "Gesellschaft für Freie Publizistik" (GFP) als eine Organisation, die sich gegen das Abstempeln der "Deutschen zur ewigen Büßernation" richtet. Die GFP unterstellt dem Staat, "Tabuzonen" errichtet zu haben, er "macht Schriftsteller mundtot, verdächtigt angesehene Verlage des Extremismus und behindert den Weg ihrer Bücher und Schriften in den Handel und damit zum Leser. So wird der Mensch Opfer eines anscheinend alles beherrschenden Zeitgeistes." "Die GFP hat sich die Aufgabe gestellt", heißt es weiter in der revisionistischen Selbstdarstellung, "sich für die Freiheit und Wahrheit des Wortes einzusetzen" (...), "Stellungnahmen zu wichtigen Geschehnissen in der Vergangenheit und der Gegenwart in den Medien anzustreben, das Geschichtsbewußtsein in regionalen und überregionalen Vortragsveranstaltungen zu stärken, politische Organisationen zu unterstützen und zu fördern, die der Erhaltung unseres Volkes sowie dem Aufbau und der Ermittlung von politischen Führungskräften dienen". (Hervorhebung: HJS.).
Die GFP wurde 1960 in Neustadt/ Weinstraße von rechten "Verlegern, Redakteuren, Schriftstellern, Buchhändlern und Freunden einer freien Publizistik" gegründet, "um sich gegen eine unheilvolle Entwicklung zu verbinden und zur Sammlung aller aufzurufen, die für die Wahrheit und Freiheit eintreten wollen. Anläßlich der Frankfurter Buchmesse 1960 wurde die Gesellschaft für Freie Publizistik als eingetragener Verein gegründet." Heute hat sie, laut der gleichen Internetdarstellung, mehrere hundert Mitglieder "in 15 Ländern". Es entstanden zahlreiche "Arbeitskreise", deren Mitglieder auf "Vortragsveranstaltungen" (...) "zu Problemen der Gegenwartspublizistik Stellung nahmen". "Auf dem jährlichen Kongreß der Gesellschaft nehmen Wissenschaftler, Schriftsteller und Politiker zu aktuellen geistig-politischen Fragen Stellung. Zu den Vortragenden, die vielfach auch Mitglieder der Gesellschaft sind, gehören u. a. die Professoren Austin App, Richard W. Eichler, Werner Georg Haverbeck, Robert Hepp, Alfred Keck, Heinrich Schade, Theodor Schmidt-Kaler, Bernard Willms, Bolko v. Richthofen sowie die Wissenschaftler und Publizisten Peter Dehoust, Dr. Georg Fránz-Willing, David Irving, Dr. Dankwart Kluge, Dr. Rolf Kosiek, Franz Kurowski, Helmut v. Lichtenfeld, Andreas Mölzer, Dr. Nikolaus v. Preradovich, Wilfred v. Oven, Siegfried Kappe-Hardenberg, Dr. Gert Meier, Elke Moll, Harald Neubauer, Karl Richter, Dr. Max Klüver, Werner Kuhnt, Dr. Otto Scrinzi, Hans Georg v. Studnitz, Dr. Hans Dietrich Sander, Jordis Frhr. von Lohausen, Dr. Gert Sudholt, Adolf v. Thadden, Dr. Franz Uhle-Wettler, Reinhard Uhle-Wettler, Udo Walendy, Robert Verbelen, Dr. Heinrich Zillich". (Hervorhebung- HJS) Seit 1975 wurden mehrere Kongresse durchgeführt und Sammelbände veröffentlicht, seit1963 vergibt die Gesellschaft den , Ulrich-v.-Hutten-Preis in Form einer Fördergabe oder als Medaille. Zu den bisherigen Preisträgern gehören u. a. Prof. Dr. David Hoggan, Dr. h. c. Hans Grimm, Dr. Hans W. Hagen, Otto Spatz, Arthur Ehrhardt, Dr. Fritz Härtle, Prof. Dr. Fritz Münch, Reinhard Pozorny, Arno Breker Waldemar Schütz, Erich Kernmayr, Dr. Georg Franz, Dr. Gustav Sichelschmidt, Dr. Holle Grimm, Werner Kuhnt, Wilfred von Oven," Peter Dehoust. Im "Verfasungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1996" (S.111-112) wird die GFP als das "größte rechtsextremistische überparteiliche Sammelbecken von publizistisch aktiven Rechtsextremisten" bezeichnet. "Die GFP verfolgt revisionistische Ziele, die als Eintritt für Meinungs- und Forschungsfreiheit verschleierte werden". Die GFP gibt die Vierteljahresschrift "Das Freie Forum" heraus. "Unter dem Deckmantel des Ethnopluralismus wurde wiederholt rassistisch motivierte Fremdenfeindlichkeit erkennbar. Mit der Forderung eines vereinigten Europas unter deutscher Vorherrschaft wurden vielfach bestehende Grenzen in Frage gestellt".

[***] Nation & Europa - Deutsche Monatshefte
Gründung  1953
Herausgeber Peter Dehoust, Harald Neubauer, Adolf von Thadden (verstorben)
Geschäftsführerin Inge Winterstetter
Verlag Nation Europa Verlag GmbH, Coburg; Erscheinungsweise monatlich; Auflage 15.000 (geschätzt)

Die Publikation bemüht sich um Strategie- und Theoriebildung im Bereich der "Neuen Rechten". Außerdem bietet sie rechtsextremistischen Parteien und Organisationen ein Forum.

Organisation
Seit der Ausgabe 2/1997 ist anstelle von Wolfgang Strauß unter den presserechtlich Verantwortlichen Werner Baumann aufgeführt. Baumann ist ein Pseudonym von Neubauer, dem Mitherausgeber der Publikation. Neubauer hat die Geschäftsführung an Inge Winterstetter abgegeben.
Politische Ziele
Auf der Rückseite der Ausgabe 4/1997 veröffentlicht die Publikation ihre Ziele. Unter der Überschrift "Wir sind überparteilich. Aber wir ergreifen Partei." sind in 11 Punkten die Thesen des Blattes aufgeführt:
Werbung für programmatische Publikation des Thule-Seminars
Die Publikation empfiehlt das Buch "Im Kampf um das Wesen. Ethnosuizid in der multirassistischen Gesellschaft" als Lektüre von eminentem Wert für die Standortbestimmung überzeugter Abendländer. Der Verfasser, Pierre Krebs, ist Leiter des Thule-Seminars, das in der Tradition der französischen Neuen Rechten des Alain de Benoist steht. Krebs habe sich in seinem bisherigen literarischen Wirken unbestreitbare Meriten um die Formulierung eines zeitlosen europäischen Wertekanons erworben. In seinem neuen Werk beziehe er kompromißlos Position für die geistig-kulturelle Lebenswelt des Indoeuropäertums, die auf den Zentralbegriffen von Ordnung, Hierarchie und Verschiedenheit ruhe und damit in diametralem Gegensatz zu allen universalistischen Versuchungen stehe.
Gebietsrevisionismus
Als eines der wichtigsten und einflußreichsten Strategieorgane der "Neuen Rechten" hat Nation & Europa für seine Klientel eine Möglichkeit der Rückgewinnung ehemals deutscher Ostgebiete entdeckt. In einer halbseitigen Anzeige in der Ausgabe 1/1997 wird für den "Kauf von Wohneigentum im schlesischen Jelenia Góra (Hirschberg)" geworben. Europa ohne Grenzen mache es möglich, heißt es dort. Ehemalige Vertriebene hätten jetzt die Möglichkeit, in die alte Heimat zurückzukehren. Mittlerweile bestehe weitgehend die Möglichkeit, auf gut ausgebauten Autobahnen anzureisen, "so daß sie schneller in Hirschberg sind als beispielsweise in Südtirol". Nur ernstgemeinte Zuschriften seien unter Chiffre an den Verlag zu senden.
Nation-Europa-Freunde e.V.
Der Nation-Europa-Freunde e. V. ist ein Förderkreis aus der Leserschaft von Nation & Europa, der auch die Arbeit des Nation Europa Verlags unterstützt.
Köschinger Resolution
Eine für den 6. Juli 1997 in Nürnberg angekündigte Veranstaltung, zu der Nation-Europa- Freunde e.V., Schönhuber Freundeskreise und Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) eingeladen hatten, wurde abgesagt, nachdem den Veranstaltern der Saal gekündigt worden war.

Die Veranstaltung, mit der als Großkundgebung des demokratischen Patriotismus in Deutschland ein parteiübergreifendes Signal zur Neuformierung der deutschen Rechten gesetzt werden sollte, wurde am 2. November 1997 in Kösching durchgeführt. Mitinitiatorin war die Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP). Dehoust leitete die Versammlung. Der Vorsitzende des Vlaams Blok, Frank Vanhecke, appellierte an die Zuhörer, sich für eine "rechte Einigung" einzusetzen. Schönhuber agitierte in seiner Ansprache gegen Überfremdung, die er als die "absolut tödliche Amerikanisierung unseres Landes und unseres Volkes" bezeichnete. Er warb für einen "patriotischen Sozialismus" und forderte, die Macht der Banken zu brechen, da diese in Deutschland Politik machten: "Irgendwann wird dieses Volk aufstehen und sagen: 'Wir können nicht mehr und wir wollen nicht mehr!'". Er sei radikal, weil die Gesellschaft radikal verändert werden müsse. Schützinger, DLVH-Funktionär, sah in seiner Ansprache den richtigen Zeitpunkt gekommen. Im Volk brodele es. Jetzt müsse man nur die richtigen Worte finden. Weitere Redner waren Rouhs (Europa Vorn), Yvan Blot (Front National), Neubauer (Nation & Europa) sowie Mechtersheimer (Friedenskomitee 2000), der den Aufbau einer "rechten Bewegung" forderte. Wenn das Volk aufstehe, gebe es weder Rechte noch Linke, auch keine Demokratie mehr, sondern Anarchie.

Die ca. 700 Veranstaltungsteilnehmer faßten folgende Entschließung, die als Köschinger Resolution von dem Nation-Europa-Freunde e.V. in einer Presseerklärung veröffentlicht wurde:

"Europa ist in höchster Gefahr. Seine geschichtlichen und kulturellen Grundlagen, seine Identität und Vielgestaltigkeit werden durch die in Maastricht konzipierte Politik zerstört. Wir rufen die Verantwortlichen zum Verlassen dieses Irrweges auf und bekennen uns zu einem Europa der Vaterländer. Das Recht jedes Volkes, seine Freiheit und Souveränität im eigenen Staat zu verwirklichen, muß durchgesetzt und geschützt werden. Demokratische Selbstbestimmung und soziale Ordnung bedürfen des nationalstaatlichen Rahmens. Europa kann nur leben und gedeihen, wenn die Rechte seiner Völker gewahrt werden.

Wir begrüßen die Forderung des Vorsitzenden des französischen Front National, Jean-Marie Le Pen, nach einer engen Zusammenarbeit der patriotischen Parteien und Kräfte Europas. Auch der damit verbundene Einigungsappell an die demokratische Rechte in Deutschland wird von uns mitgetragen. Dieser Appell richtet sich gegen niemanden, sondern speist sich aus dem Wunsch, gleichgesinnte zum Vorteil der gemeinsamen Sache zusammenzuführen. Front National in Frankreich und Vlaams Blok in Belgien stellen seit Jahren unter Beweis, daß Einigkeit die Grundvoraussetzung eines dauerhaften und wachsenden Erfolges ist. Dies kann und muß Vorbild auch für deutsche Patrioten sein."

Die sog. Euro-Rechte ist auch ständiges Thema in der Publikation Nation & Europa. Insbesondere Schönhuber und Mechtersheimer richten in ihren Beiträgen entsprechende Appelle an die Leser.

Vgl. Kapitel 2.5.3. aus: Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1997, Düsseldorf 1998, S. 128-131.

Weder Mythisierung noch pauschale Verurteilung

Während einer Jubiläumsveranstaltung im Münchner HDO tastete man sich an das kontroverse Werk und Wirken von Heinrich Zillich heran

Eine Jubiläumsfeier zum 100. Geburtstag und gleichzeitig zum 10. Todestag des Schriftstellers und Kulturpolitikers Heinrich Zillich fand am 4. Juli in München statt. An der vom Haus des Deutschen Ostens (HDO) und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland veranstalteten Feier beteiligten sich rund 120 Personen, darunter Angehörige der Familie Zillich, siebenbürgische Persönlichkeiten wie Dr. Hermann Gross, Hans Meschendörfer, Hans-Wolfram Theil ferner Dr. Herbert Fleissner [*], Inhaber des Langen-Müller Verlags, wo Zillichs Roman "Zwischen Grenzen und Zelten" (1936) und vor zwei Jahrzehnten der Erzählband "Wälder und Laternenschein" erschienen sind.

Durch die Veranstaltung führte Udo Acker, stellvertretender Direktor des HDO, der zu einer gründlichen Auseinandersetzung mit dem Gesamtwerk Zillichs anregte, da sie noch ausstehe. Dr. Horst Schuller Anger referierte zum Thema ,,Zwischen den Zeiten. Heinrich Zillich und seine Zeitschrift ,Klingsor' 1924-1939". Nach Ansicht Schuller Angers, der Literaturprofessor an der Germanistik-Fakultät in Hermannstadt ist, gehört Zillich heute zu den Ungelesenen in Siebenbürgen. Das habe vielfache Gründe, die nicht im Werk selbst zu finden seien. Zillichs Bücher seien in Rumänien seit dem Krieg nie mehr verlegt, verbreitet oder öffentlich besprochen worden. Als Vorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen und polemischer Publizist sei Zillich zur ,,Zielscheibe politischer Angriffe" im nach ,,Feindbildern suchenden kommunistischen Rumänien geworden: Seine Bücher wanderten in die Giftschränke." Dennoch habe man ihn allmählich, wenn nicht als Autor, dann doch als ,,Klingsor"-Herausgeber ,,mit kräftigen Abstrichen" gelten gelassen. Pressehistoriker beschäftigten sich beispielsweise mit der ,,positiven Leistung, der interkulturellen Verständnisfunktion von Zillichs Zeitschrift". Neben Diplomarbeiten an der Klausenburger Universität (1974) und Bukarest (1976) ist hier auch Horst Schuller Angers Promotionsschrift zu erwähnen, die 1972 in Bukarest vorgelegt und erst 1984 abgeschlossen werden konnte, u.a. weil die Zeitschrift Klingsor zeitweilig durch "erneute Überwachungshysterie" sekretiert worden war. Die Arbeit erschien 1994 in Buchform unter dem Titel "Kontakt und Wirkung. Literarische Tendenzen in der siebenbürgischen Kulturzeitschrift Klingsor" (Kriterion Verlag. 1994). Erwähnenswert ist auch die Veröffentlichung von 15 Zillich-Texten in der Lyrikanthologie der Zwischenkriegsszeit ,,Ausklang", die 1982 von Dr. Stefan Sienerth herausgeben wurde.

Obwohl in den neunziger Jahren hinreichende Informationen greifbar geworden seien, gebe es immer Autoren, darunter einen Mainzer Publizisten und einen Jassyer Germanisten (gemeint sind Dieter Kessler bzw. Andrei Hoisie-Corbea), die Fertigurteile und damit den "voreingenommenen Meinungsstand der rumänischen Securitate aus dem Prozeßjahr 1959" verbreiten, ohne den "Klingsor" gelesen zu haben, stellte Schuller-Anger kritisch fest.

Darüber hinaus sei die Frage nach der Rolle zu stellen, die Zillich ,,tatsächlich in der Literaturpolitik und im Literaturbetrieb in ,Nazideutschland' gespielt" habe. Schuller Anger erinnerte daran, daß Zillich - neben anderen Autoren - 1937 während der 7. Berliner Dichterwoche von Adolf Hitler empfangen worden sei, zu anderen Anlässen habe man dem Führer zwei Zillich-Bücher als Geschenk vorgelegt. Wie aus einem Brief Zillichs an Alfred Margul-Sperber (aufbewahrt im Literaturmuseum in Bukarest) hervorgehe, habe Zillich schon 1932 begonnen, ,,theoretisch die rassische Sonderung der Intellektuellen, die Ghettoisierung des Jüdischen, die Hypertrophierung des Deutschnationalen zu befürworten". In der Zeit des Nationalsozialismus gefeiert, sei Zillich auch in der Nachkriegszeit eher gehuldigt als fachkritisch als Autor untersucht worden, was ihm kaum geholfen hätte, eigene Schwächen zu erkennen.

Zukünftige analytische Beschäftigung mit dem Werk Zillichs müsse ,,jenseits vertiefter Ideologiekritik auf die ästhetische Leistung systematischer eingehen", sagte der 1940 in Meschen geborene Germanist. Wohl nicht die Zeitromane, sondern einzelne Erzählungen scheinen eher zu überdauern, auch Kleinformen wie Glossen oder satirische Lokalskizzen (z. B. ,,Transsylvanica" im ,,Klingsor", 1928) verdienten die Aufmerksamkeit. ,,Die Gefahr der Mythisierung und pauschaler Aburteilung" könne nur durch ständiges Infragestellen des Autors und der ihn begleitenden Sekundärliteratur überwunden werden, schloß Schuller Anger, der ganz bewußt in seinem Vortrag mehr Fragen gestellt als Antworten gegeben habe.

,,Wirken und Wirkung Heinrich Zillichs nach dem Zweiten Weltkrieg. Persönliche Erinnerungen an einen außergewöhnlichen Siebenbürger", so hatte der Schriftsteller und Publizist Hans Bergel seinen Vortrag betitelt. Er war der Siebenbürger, der in den letzten rund anderthalb Jahrzehnten den intensivsten Kontakt mit Zillich gehabt hatte. Jede zweite Woche machte er den Seitenumbruch der Siebenbürgischen Zeitung in der Druckerei in Starnberg und war dabei regelmäßig zu Gast am Mittagstisch des Ehepaars Maria und Heinrich Zillich. Es waren ,,Gesprächsstunden von einer Dichte gegenseitiger Information" in Fragen der Literatur, Geschichte, Politik, wie Bergel sie später mit kaum einem Siebenbürger erlebt habe. Hier erfuhr Bergel, daß Zillich nicht nach Ehrenämtern gestrebt, sondern seine Autorität einfach in den Dienst seiner Landsleute gestellt habe. Von 1952 bis 1963 war Zillich Bundesvorsitzender und danach ein Vierteljahrhundert Ehrenvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen. Er habe bei höchsten Regierungsstellen in Bonn vorgesprochen, um die auseinandergerissenen Familien Siebenbürgens wieder zusammenzubringen. Dabei sei ihm die persönliche Bekanntschaft mit Bundespräsident Theodor Heuss, dem späteren Bundespräsidenten Carl Carstens u. a. zugute gekommen. Ebenso setzte er sich für die Landsleute in Osterreich ein, die schließlich ins Ruhrgebiet gebracht wurden. Während seiner Amtszeit übernahm Nordrhein-Westfalen 1957 die Patenschaft für die Siebenbürger Sachsen, intensive Kontakte wurden zu den Landsleuten in Übersee aufgebaut, die zwei Jahrzehnte später den Anstoß zur Gründung der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen geben sollten.

Neben seiner vereinspolitischen Arbeit sei Zillichs Wirken vor allem im kulturpolitischen, publizistischen und literarischen Bereich zu sehen. Er habe das Südostdeutsche Kulturwerk in München mitbegründet und als Vorstandsmitglied, Herausgeber und Redakteur dessen Kulturperiodikum ,,Südostdeutsche Vierteljahresblätter" mitgestaltet. Seine kulturpolitische Sicht sei mit seiner Generation verbunden: ,,Zillich war ein Kind seiner Zeit, eine epochengebundene Persönlichkeit", sagte Bergel. Die Generation der um die Jahrhundertwende Geborenen sei in allen europäischen Ländern vom nationalen Gedanken und der daraus resultierenden Verpflichtung beherrscht gewesen. In den oft polemisch geführten Gesprächen in Starnberg habe Bergel für das umfassendere Konzept der Menschenrechte, das die Respektierung der ethnischen Kulturwerte mit einbeziehe, plädiert, aber hier seien die unterschiedlichen Standpunkte der Generationen nicht vereinbar gewesen. Dennoch habe der Kreis um Heinrich Zillich ,,unschätzbar viel geleistet bei der schwierigen Aufgabe, spezifische geistige Substanz der südosteuropäischen Deutschen zu retten, weiterzuführen" und sie der Öffentlichkeit als Teil der gesamtdeutschen Kultur bewußt zu machen. Deshalb warb Bergel um Verständnis für Zillichs kulturpolitische Sicht und sein Konzept mit Blick auf die Deutschen Südosteuropas. Der nationale Zungenschlag sei die Folge einer politischen Situation und der Angst um ein beachtliches Kulturerbe gewesen.

Zillich sei zuallererst Schriftsteller gewesen, leider habe der tagespolitische Ton manchmal Eingang in sein literarisches Werk gefunden. Zillich habe versucht, den ,,Intrigen und dem provinziellen Geschwätz seiner Landsleute in Siebenbürgen" zu entkommen. 1936 ließ er sich in Deutschland nieder, um in Ruhe schriftstellerisch arbeiten zu können. ,,Er geriet aber in das politisch aufgeheizte Klima eines Staates, der im Begriff war, den Deutschen ihre größte Katastrophe zu bescheren", so Bergel.

Bergel lobte den aufrichtigen, geradlinigen Charakter Zillichs, seine souveräne Haltung auch in kontroversen Fragen. So sei es möglich gewesen, daß Bergel und Zillich auch nach einem Disput einen ,,einvernehmlichen Briefwechsel"geführt haben.

Eindrucksvolle Interpretationen aus Zillichs Werk lieferten abschließend Luise und Hans Pomarius, derzeit in Bamberg tätig. Luise Pomarius las vor allem Naturlyrik, Hans Pomarius die Erzählung ,,Die Schlucht" aus dem Erzählband ,,Wälder und Laternenschein". Der Vater des Schauspielers, Alfred Pomarius, war als Verfasser politischer und philosophischer Beiträge im ,,Klingsor" bekannt.
Siegbert Bruss

Siehe: Siebenbürgische Zeitung, 15. 07. 1998, S.5, und Kulturpolitische Korrespondenz, Nr. 1050/15.08. 1998, S.15-18.

Anmerkung:

[*] Zur Person von Dr. Herbert Fleissner

"Einer der wirtschaftlich Großen im bundesdeutschen Verlagsgeschäft ist der Münchner Verleger Dr. Herbert Fleissner. In seinen Verlagen kamen viele in der Nazizeit erfolgreiche Autoren unter. Auch der "neuen Rechten" läßt der Verleger Pflege angedeihen.

Die öffentliche Gratulation des Münchner Oberbürgermeisters an des Verlegers siebzigstem Geburtstag legt die Vermutung nahe, daß ein Geschäftsmann dieses Schlages in München durchaus salonfähig ist.

Viele namhafte Verlage: Langen-Müller, Amalthea, Herbig, Universitas, Limes, Nymphenburger ... Ein Verleger. Dr. Herbert Fleissner besitzt beziehungsweise regiert über Beteiligung oder Kooperation viele namhafte Verlage. Dr. Herbert Fleissner ist ein wirtschaftliches Schwergewicht im Verlagswesen.

Wirtschaftlicher Erfolg allein wäre kein Grund, diesen Verleger kritisch zu betrachten. Seine verlegerische Karriere begann der geborene Sudetendeutsche mit Vertriebenenblättern sowie dem Bogen- und dem Klingerverlag. Die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg und auch wohl eine "politische Wahlverwandtschaft" ließen bei Fleissner keinerlei Scheu davor aufkommen, Werke von Nazischriftstellern wie Wilhelm Pleyer, Hans Grimm, Paul Ettighofer oder Heinrich Zillich zu verlegen.

Den wirtschaftlich entscheidenden Sprung nach vorn machte Fleissner in München. Hierher war er 1960 gezogen. Einen Teil seiner Vertriebenenblätter verkaufte er an Gerhard Frey, der diese alsbald seiner "Deutschen Soldatenzeitung" (später "Deutsche Nationalzeitung") einverleibte. Mitte der sechziger Jahre kaufte Fleissner den Berliner Herbigverlag und übernahm die Verlagsgruppe Langen-Müller. Von da an wuchs das Unternehmen zur heutigen Größe, die Fleissner als Nummer sechs der Branche ausweist. "Bis heute ist Herbert Fleissner der einzige Großverleger in Deutschland geblieben, der Bücher von ehemaligen NS-Autoren in nennenswertem Umfang herausbringt." [1]

Kumpanei mit Gerhard Frey

In einer 1965 erschienenen Ausgabe seiner Zeitung leugnete Gerhard Frey die Ermordung der sechs Millionen Jüdinnen und Juden in Auschwitz. Heute ist die Auschwitz-Lüge strafbar, damals war sie es nicht. Doch eine Gruppe von 57 namhaften Personen verlangte rechtliche Sanktionen gegen Frey. Dr. Fleissner verteidigte seinerzeit als Mitunterzeichner einer Resolution den rechtsradikalen Publizisten Frey.

Förderer der "Neuen Rechten"

Dr. Fleissner blickt nach vorn. Keineswegs begnügt er sich mit der Pflege literarischer NS-Größen. In seinen Verlagen haben sogenannte "rechte Vordenker" wie Armin Mohler und Rainer Zittelmann Platz. Wiederholt sind zudem in rechtsradikalen Blättern (,Deutsche Rundschau", "Junge Freiheit") Anzeigen von Verlagen der Fleissner-Gruppe erschienen. Auf die Einbindung Fleissners im rechtsradikalen publizistischen Netzwerk machte 1992 die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) aufmerksam. Prompt zog der Verleger die Gewerkschaft vor die Schranken des Landgerichts München. Dort jedoch erlitt Fleissner eine empfindliche Niederlage. Das Gericht wies seinen Antrag, der Gewerkschaft die Behauptung zu untersagen, Langen-Müller unterstütze und fördere rechtsradikale Blätter, in vollem Umfang zurück (siehe HN 1/93).

Diese Niederlage hat Seltenheitswert. Fleissner versteht es, seine rechtslastige Verlagspolitik gut zu verpacken. Er verlegt eben nicht nur die bereits erwähnten Autoren oder Franz Schönhuber, sondern auch Willy Brandt und Ephraim Kishon. So versucht sich Fleissner in öffentlichen Kontroversen als Wahrer pluralistischer Meinungsvielfalt dazustellen, der völlig zu Unrecht Zielscheibe linker Meinungsmonopole sei.

Daß Fleissner Erfolg mit seiner Selbstinszenierung hat, belegt nicht zuletzt Oberbürgermeister Christian Ude. Dieser gratulierte Herrn Fleissner Anfang Juni öffentlich zum Geburtstag. Auf das Glückwunschschreiben machte die "Münchner Rathaus Umschau" aufmerksam. "... im Namen des Stadtrates der Landeshauptstadt München und persönlich ... mit unternehmerischer Weitsicht und verlegerischem Gespür ... daß München heute als Buch- und Literaturstadt eine führende Stellung in der Bundesrepublik einnimmt."

Gratulant Ude initiierte vor wenigen Wochen die Gründung eines "Münchner Bündnisses für Toleranz" (siehe HN 6/98). Zuvor hatte die von Gerhard Frey gesteuerte "Deutsche Volks-Union (DVU)" in Sachsen-Anhalt einen spektakulären Wahlerfolg erzielt.

Ude: "Aufgrund unserer historischen Belastung als Hauptstadt der Bewegung tragen wir in München eine besondere Verantwortung. Es kann uns nicht gleichgültig lassen, daß der Wahlerfolg der DVU von hier, dem Sitz der Nationalzeitung, aus organisiert und finanziert wurde ..." (Rathaus Umschau vom 15. 5. 1998)

Wieviel wiegt der Appell Udes, wenn er fast zeitgleich den Frey- Freund Fleissner hofiert?

anb

[1] Hans Sarkowicz, Rechte Geschäfte, Frankfurt 1994, S. 13.

Siehe: "Glückwunsch für rechtslastigen Verleger" in: Haidhauser Nachrichten - Ausgabe 07/98, 23. Jahrgang, Juli 1998.

Nachtrag:

In der Siebenbürgischen. Zeitung vom 15. 11. 1998, S. 6 und in der Kulturpolitischen Korrespondenz, Nr. 1054/25.09. 1998, S. 13 ist folgendes Dementi zu lesen:

"Im Vortrag nicht erwähnt

Die Redaktion bedauert, daß in dem Bericht über die Festveranstaltung zum 100. Geburtstag von Heinrich Zillich in der Siebenbürgischen Zeitung vom 15. Juli 1998, Seite 5, [bzw. in der KK vom 15. August 1998] durch ungenaues Absetzen von Zitat und Kommentar des Berichterstatters die von Horst Schuller Anger in seinem Vortrag nicht genannten Namen von Dieter Kessler und Andrei Hoisie-Corbea in einen mißverständlichen und ungewünschten Kontext geraten sind. Wir entschuldigen uns bei den Betroffenen."

Wirken und Wirkung Heinrich Zillichs nach dem Zweiten Weltkrieg

Zillich war "(...) eine der Persönlichkeiten der ersten Stunde im Dasein des 'Südostdeutschen Kulturwerks', das heute mit einer ehemals kaum für möglich erachteten internationalen Effizienz über die Grenzen Deutschlands hinaus in die schwierigen Länder des europäischen Südostens hinein wirkt- eine vor allem literaturwissenschaftlich und -geschichtlich, forschungs-, veranstaltungs- und veröffentlichungsorientierte Institution. (...)

"Zillichs Position, muß freilich hinzugefügt werden, artete niemals in die Vulgarität des nationalistischen Extrems aus. Sie war jedoch immer überhaucht von jenem Hochmut der Überlegenheit deutscher Bravour, der weder sachlich noch moralisch zu rechtfertigen ist. Niemals hat Zillich Begegnung und Gespräch mit Repräsentanten südosteuropäischer Völker - seien es die Ungarn, seien es die Rumänen o.a. - abgelehnt oder umgangen. (...) Aber er hat den Kontakt - ihm selber oft unbewußt - stets von der Warte selbstverständlicher deutscher Überlegenheit wahrgenommen und sich dadurch nicht selten den Weg zum intimen Verständnis der anderen Kultur und Geisteslage verbaut. (...) So blieb die kulturpolitische Aktionsformel dieses Mannes zwangsläufig weitgehend auf den vordringlich nationalen Zungenschlag beschränkt. "

"Zunächst galt der 'ehemalige Repräsentant des Großbürgertums Heinrich Zillich' , wie er etwa in der Bukarester Tageszeitung 'Neuer Weg' apostrophiert wurde, als eine Art siebenbürgischer Staatsfeind Rumäniens Nummer eins. Ideologisch hoffnungslos festgefahrene Landsleute nannten ihn noch 1988 mit kommunistisch indoktriniertem Eiferertum tadelnd einen 'aktiven weißgardistischen Offizier'. Gleich mehrfach barer Unsinn, wenn damit Zillichs unfreiwillige Teilnahme als Reserveleutnant der rumänischen Armee am Feldzug 1919 gegen den Bolschewiken Béla Kun in Ungarn gemeint war. Gab doch mittlerweile die Geschichte all jenen, die 1919 das gleiche taten wie Zillich, genau siebzig Jahre später, 1989, recht."

Die Zitate stammen aus dem Vortrag von Hans Bergel bei der im Haus des Deutschen Ostens (München) durchgeführten Gedenkveranstaltung zu Ehren Zillichs. Die gekürzte Fassung des Textes von Hans Bergel: Wirken und Wirkung Heinrich Zillichs nach dem Zweiten Weltkrieg. Persönliche Erinnerungen an einen außergewöhnlichen Siebenbürger, ist in der Publikation: Südostdeutsche Vierteljahresblätter, 47. Jg., Folge 2, 1998, S. 122-131, erschienen.

"Heinrich Zillich, der Dichter und Deuter der Deutschen Sendung in Siebenbürgen..."

"(...) Der sechzehnjährige Schüler des ehrwürdigen Honterusgymnasiums sah glühenden Herzens den Beginn des Weltkriegs; der achtzehnjährige Tiroler Kaiserjäger kämpfte, in Eis und Fels der Berge, den letzten Kampf mit, den das alte Österreich , einst die Herrin und Gestalterin des Ostens, um den Osten führte; der zwanzigjährige rumänische Leutnant focht für das Abendland gegen den asiatischen Bolschwismus in Ungarn. Dann ging Heinrich Zillich in das chaotisch aufgewühlte Berlin als Student und als Dichter." In seinen Büchern hat "der Mann Zillich die deutsche Sendung, die deutsche Bewährung, in diesem Südosten sinnbildlich geformt. (...) Künstlerisch betrachtet steht die große Erzählung 'Der Weizenstrauß' 1938 (...) noch höher: die Wendung zur strengen Form ist hier gelungen.Wiederum sind es Menschen und Schicksale, der Krieg und seine Wirkungen, das deutsche Volk in Siebenbürgen und seine Sendung, die nach Gestaltung und Deutung verlangten. AusGräbern wächst das Leben, unzerstörbar; Korn und Kind werden die Sinnbilder einer Zukunft, die deutsch und abendländisch sein wird wie die Vergangenheit. Und wiederum verkündet diese Zukunft ein echter Dichter."

Aus dem Nachwort von Fritz Endres zu Zillichs Roman, Der Weizenstrauß , Einmalige Ausgabe, Deutsche Hausbücherei Hamburg, o.J.

Was bedeutet "deutsch und abendländisch" in der Auffassung der Nazis?

"Der Sinn der kommenden deutschen Revolution ist der, die "Ordnung" von heute durch germanische Gesetzlichkeit zu verdrängen. Es muß reiner Boden geschaffen werden und klare Geistesluft herrschen, auf daß wir wert werden der Großen unseres Volkes..."

Alfred Rosenberg im "Völkischen Beobachter", 22. Februar 1921.

"Daß das Weltjudentum nur einen Gedanken hat, das Erwachen der europäischen Völker zu verhindern und namentlich den Nationalsozialismus als einen Protest gegen die Herrschaft einer fremden Rasse und als Zeichen für den Selbstbestimmungswillen der Nation zu ersticken, das wissen wir. Wir kennen die Aufruhrversuche, die in Deutschland gemacht, wie kennen die Hetzen, die in der ganzen Welt entfaltet wurden; wir sehen, wie diese jüdische Weltpolitik in Prag sich bemüht, Europa in blutige Konflikte zu stoßen . . . Und hier spricht ein jüdisches Blatt zynisch und offen aus, daß die Absicht der jüdischen Weltpolitik darauf hinaus geht, Adolf Hitler zu stürzen und das Deutsche Reich zugrunde zu richten, nicht etwa, weil britische oder französische Interessen bedroht werden, sondern nur jüdische.
(....) Der Haß der Juden gegenüber dem europäischen Menschen hat hier einen historischen Niederschlag gefunden: der Haß eines als minderwertig erkannten, der doch glaubt, schon derart sich in das europäische Leben eingefressen zu haben, daß er nicht mehr ausgeschieden werden kann. Dieser Glaube hat angesichts des Geisteszustandes in vielen Staaten zweifellos seine Berechtigung, umso mehr, wenn man sieht, daß der Juden nicht nur verteidigt wird, sondern daß die ganze Welt widerhallt vom Geschrei, wenn das deutsche Volk sich von seinen Schmarotzern befreit, und wenn andere Völker, die gesunden wollen, einen ähnlichen Weg einschlagen, um wieder zu einer arteigenen Kultur und zu einem wirklichen Volksstaat zu gelangen."

Alfred Rosenberg im: "Völkischen Beobachter", 17. Juli 1938.

"Daß alle Staaten des Abendlandes und ihre schöpferischen Werte von den Germanen erzeugt wurden, war zwar schon lange eine allgemeine Redensart gewesen, ohne daß vor H. St. Chamberlain daraus die notwendigen Folgerungen gezogen worden wären. Denn diese begreifen in sich die Erkenntnis, daß beim vollständigen Verschwinden dieses germanischen Blutes in Europa (und nach und nach folglich auch beim Hinsiechen der von ihm gezeugten typen- und nationenschaffenden Kräfte) die gesamte Kultur des Abendlandes mit untergehen müßte. Die Chamberlain ergänzende neue Erforschung der Vorgeschichte in Verbindung mit der Rassenkunde hat dann noch eine tiefere innere Besinnung hervorgerufen: jenes furchtbare Bewußtsein, daß wir heute vor einer endgültigen Entscheidung stehen. Entweder steigen wir durch Neuerleben und Hochzucht des uralten Blutes, gepaart mit erhöhtem Kampfwillen, zu einer reinigenden Leistung empor, oder aber auch die letzten germanisch-abendländischen Werte der Gesittung und Staatenzucht versinken in den schmutzigen Menschenfluten der Weltstädte, verkrüppeln auf dem glühenden unfruchtbaren Asphalt einer bestialisierten Unmenschheit oder versickern als krankheitserregender Keim in Gestalt von sich bastardisierenden Auswanderern in Südamerika, China, Holländisch-Indien, Afrika."

Aus: Alfred Rosenberg, Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit, 111.-114. Auflage, München 1937, S. 81-82

"Nur in Frankreich besteht heute mehr denn je eine innere Übereinstimmung zwischen den Absichten der Börse, der sie tragenden Juden und den Wünschen einer chauvinistisch eingestellten nationalen Staatskunst. Allein gerade in dieser Identität liegt eine immense Gefahr für Deutschland. Gerade aus diesem Grunde ist und bleibt Frankreich der weitaus furchtbarste Feind. Dieses an sich immer mehr der Vernegerung anheimfallende Volk bedeutet in seiner Bindung an die Ziele der jüdischen Weltbeherrschung eine lauernde Gefahr für den Bestand der weißen Rasse Europas. Denn die Verpestung durch Negerblut am Rhein im Herzen Europas entspricht ebensosehr der sadistisch-perversen Rachsucht dieses chauvinistischen Erbfeindes unseres Volkes, wie der eisig kalten Überlegung des Juden, auf diesem Wege die Bastardierung des europäischen Kontinents im Mittelpunkte zu beginnen."

Aus: Adolf Hitler, Mein Kampf, Verlag Franz Eher Nachfolger, G.m.b.H. 1925, München 2) 1934, S. 706.

"Die völkische Bewegung hat nicht der Anwalt anderer Völker, sondern der Vorkämpfer des eigenen Volkes zu sein. Andernfalls ist sie überflüssig und hat vor allem gar kein Recht, über die Vergangenheit zu maulen. Denn dann handelt sie wie diese. So wie die alte deutsche Politik zu Unrecht von dynastischen Gesichtspunkten bestimmt wurde, so wenig darf die künftige von völkischen Allerweltsgefühlsduseleien geleitet werden. Insbesondere aber sind wir nicht der Schutzpolizist der bekannten "armen, kleinen Völker", sondern Soldaten unseres eigenen. Wir Nationalsozialisten haben jedoch noch weiter zu gehen: Das Recht auf Grund und Boden kann zur Pflicht werden, wenn ohne Bodenerweiterung ein großes Volk dem Untergang geweiht erscheint.
Noch ganz besonders dann, wenn es sich dabei nicht um ein x-beliebiges Negervölkchen, sondern um die germanische Mutter all des Lebens, das der heutigen Welt ihr kulturelles Bild gegeben hat. Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein. Zur Weltmacht aber braucht es jene Größe, die ihm in der heutigen Zeit die notwendige Bedeutung und seinen Bürgern das Leben gibt.
Damit ziehen wir Nationalsozialisten bewußt einen Strich unter die außenpolitische Richtung unserer Vorkriegszeit. Wir setzen dort an, wo man vor sechs Jahrhunderten endete. Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach dem Süden und Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten. Wir schließen endlich ab die Kolonial- und Handelspolitik der Vorkriegszeit und gehen über zur Bodenpolitik der Zukunft.
Wenn wir aber heute in Europa von neuem Grund und Boden reden, können wir in erster Linie nur an Rußland und die ihm untertanen Randstaaten denken.
Das Schicksal selbst scheint uns hier einen Fingerzeig geben zu wollen. Indem es Rußland dem Bolschewismus überantwortete, raubte es dem russischen Volke jene Intelligenz, die bisher dessen staatlichen Bestand herbeiführte und garantierte. Denn die Organisation eines russischen Staatsgebildes war nicht das Ergebnis der staatspolitischen Fähigkeiten des Slawentums in Rußland, sondern vielmehr nur ein wundervolles Beispiel für die staatenbildende Wirksamkeit des germanischen Elementes in einer minderwertigen Rasse. So sind zahlreiche mächtige Reiche der Erde geschaffen worden. Niedere Völker mit germanischen Organisatoren und Herren als Leiter derselben sind öfter als einmal zu gewaltigen Staatengebilden angeschwollen und blieben bestehen, solange der rassische Kern der bildenden Staatsrasse sich erhielt.
Seit Jahrhunderten zehrte Rußland von diesem germanischen Kern seiner oberen leitenden Schichten. Er kann heute als fast restlos ausgerottet und ausgelöscht angesehen werden. An seine Stelle ist der Jude getreten. So unmöglich es dem Russen an sich ist, aus eigener Kraft das Joch der Juden abzuschütteln, so unmöglich ist es dem Juden, das mächtige Reich auf die Dauer zu erhalten. Er selbst ist kein Element der Organisation, sondern ein Ferment der Dekomposition. Das Riesenreich im Osten ist reif zum Zusammenbruch. Und das Ende der Judenherrschaft in Rußland wird auch das Ende Rußlands als Staat sein. Wir sind vom Schicksal ausersehen, Zeugen einer Kraftprobe zu werden, die die gewaltigste Bestätigung für die Richtigkeit der völkischen Rassentheorie sein wird.
Unsere Aufgabe, die Mission der nationalsozialistischen Bewegung, aber ist, unser eigenes Volk zu jener politischen Einsicht zu bringen, daß es sein Zukunftsziel nicht im berauschenden Eindruck eines neuen Alexanderzuges erfüllt sieht, sondern vielmehr in der emsigen Arbeit des deutschen Pfluges, dem das Schwert nur den Boden zu geben hat.

Aus: Adolf Hitler, Mein Kampf, Verlag Franz Eher Nachfolger, G.m.b.H. 1925, München 2) 1934, S. 741-743.

"Gegen den Ansturm der bolschewistischen Massen muß und wird dieser Kontinent die Probe bestehen, und wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, daß die Einheit Europas für alle seine Völker lebensnotwendig ist, so wird dies durch das kriegerische Geschehen und durch die Zielsetzungen des Feindes bestätigt."

Aus: Dr. Joseph Goebbels, Europas Einheit, in: Das Reich, 07.02. 1943

"Der Großdeutsche Freiheitskrieg ist seit dem Ausbruch des Kampfes gegen den Bolschewismus zum europäischen Einigungskrieg geworden. Das Reich erfüllt seine Sendung als kontinentale Ordnungsmacht, als 'Herz und Schild Europas' (...)."

Aus: Dr. Dr. Karl Christoffel (Heeres-Oberstudiendirektor), Volk - Bewegung -Reich. Grundlagen für Unterricht und NS-Führung (Nur für den Gebrauch innerhalb der Wehrmacht), Verlag Moritz Diesterweg, Frankfurt am Main 1944 2.

Befehl Himmlers an Krüger, Höherer SS- und Polizeiführer im Generalgouvernement, vom 19. Juli 1942 in Verbindung mit der "Umsiedlung der gesamten jüdischen Bevölkerung des Generalgouvernements bis 31. Dezember 1942":

"[...] Diese Maßnahmen sind zu der im Sinne der Neuordnung Europas notwendigen ethnischen Scheidung von Rassen und Völkern, sowie im Interesse der Sicherheit und Sauberkeit des deutschen Reiches und seiner Interessengebiete erforderlich. [...]."

Aus: Helmut Krausnick, Judenverfolgung, in: Anatomie des SS-Staates, München 1994, S. 547-678, hier S.658.

Rede Himmlers in Grafenwöhr am 25.7.1944:

"Und wenn wir diese große Zukunft des Reiches, das so alt ist, so viel Tradition, so viel Würde, so viel Ehre hat und eine so große Zukunft hat, aus einem Deutschen, Großdeutschen zum Germanischen Reich Deutscher Nation, zur Herrscherin Europas zu werden, wie dieses Reich ehedem schon war in der Zeit der Stauffer, wenn wir das alles vor uns sehen, dann, meine Herren, sind die Monate, die wir jetzt mit Anstand und Treue und gläubigen Herzens und Festigkeit überstehen, bald nur noch ein kleiner Zeitausschnitt."

Aus: Heinrich Himmler und seine Reden 1933 bis 1945, hg. von Bradley F. Smith und Agnes F. Peterson, Frankfurt a.M, Berlin, Wien 1974, S.246.

"40 Mill. Auslandsdeutsche warten auf die Erfüllung des Lebenssinnes des Auslandsbruders, diese Erfüllung ist schwerer denn die Gesundung des Reiches. Von dieser Erfüllung wird es für die ewige Zukunft des deutschen Volkes abhängen, ob die anderen Völker an das Recht unseres Volkes glauben werden u. wir den Raum schaffen werden ohne den unser Volk nicht leben kann. Daran zu wirken ist unsere Aufgabe. Deshalb brauchen wir die Auslese, weil wir das Volk haben müssen."

Andreas Schmidt (1912-1945, von 1940-1944 Führer der NSDAP der Deutschen Volksgruppe in Rumänien) in einem Brief vom 8.9. 1939 an den (späteren) Stabsleiter der Volksgruppenführung, Andreas Rührig. Zit. aus: Hans Wolfram Hockl: Deutscher als die Deutschen. Dokumentarische Studie über NS-Engagement und Widerstand rumäniendeutscher Volkspolitiker, Linz 1987, S. 80.

"Wir stehen unten [gemeint ist Rumänien - Anm. HJS] vor großen Aufgaben. Ob ich das Glück haben werde, daß mich die verfluchten Walachen [Schimpfwort für Rumänien - Anm. HJS] nicht einziehen ist hier die wichtigste Frage. Trotz 'Freundschaft' mit dem Reich als auch striktester 'Neutralität' bereiten diese Hunde alles vor was das Reich schwächen kann."

Andreas Schmidt in einem Brief aus Berlin vom 8.10. 1939 an Andreas Rührig. Zit. nach Hockl, a.a.O., S. 98.

"Nach den Siegen 1939/40 habe sich die Möglichkeit für das deutsche Volk ergeben, eine Neugestaltung Europas herbeizuführen, die germanischen Völker unseres Kontinents unter seiner Führung zu einigen und ein germanisches Reich zu schaffen. (...)
Es gab auf dem Festland außer Deutschland kein anderes Volk mehr, das diese Aufgabe durchführen konnte. Und so wandelte sich der Sinn dieses Krieges unter dem Einfluß der Geschehnisse. Aus dem verteidigenden Kampfe zur Sicherung seines nationalen Bestandes wurde Deutschland in die Verpflichtung hineingezwängt, über Deutschland hinaus ganz Europa zu verteidigen. Dies um so mehr, als von Monat zu Monat klarer zutage trat, daß auf der einen Seite Amerika mit aller Kraft dem Kriege nachlief, weil das dort herrschende Judentum unter keinen Umständen einen Aufstieg und eine Zusammenfassung der europäischen Kräfte zu dulden bereit war, und auf der anderen Seite die drohende Gefahr des Bolschewismus immer mehr anwuchs.
Der Bolschewismus wollte die günstige Gelegenheit des Krieges in Europa benutzen - wie schon Lenin vorausgesagt hatte - um als lachender Dritter seine Ziele in Europa zu erreichen. Dies aber bedeutete den Untergang der gesamten abendländischen Kultur. Unser Führer Adolf Hitler sah diese Entwicklung klar voraus. Darum hat er die norwegischen und holländischen Soldaten sofort in ihre Heimat entlassen! Er hat die nationalsozialistischen Kräfte in Norwegen, Holland und Flandern zur Mitarbeit aufgerufen und hat den germanischen Männern die Möglichkeit gegeben, mitzukämpfen für die Freiheit Europas im Kampf gegen den Bolschewismus. (...)
Die Schutzstaffel sieht seit dem Jahr 1929, als der Reichsführer-SS sie übernahm, als Fernziel das germanische Reich. Dieses Fernziel ist notwendig mitgegeben, wenn die SS ein Verband nordisch bestimmter Männer sein soll. Sie kann nicht halt machen vor künstlich gezogenen Grenzen. Wir haben deshalb schon früh die Verbindung gesucht mit den Erneuerungsbewegungen in den germanischen Ländern, und einzelne Vertreter dieser germanischen Länder dienten vor dem Jahre 1940 in unseren SS-Standarten 'Germania' und 'Deutschland'."

Chef des SS-Hauptamtes, SS-Obergruppenführer Gottlob Berger in einer Rede vor Generalen im März 1944. Zit.aus: Wolfgang Michalka (Hg.): Das Dritte Reich. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Bd. 2., Wehrmachtsanspruch und nationaler Zusammenbruch 1939-1945, München 1985, S. 227.
Berger (1896-1975) war der Schwiegervater von Andreas Schmidt. Der Führer der NSDAP der Deutschen Volksgruppe in Rumänien beabsichtigte Siebenbürgen von Rumänien abzutrennen und "unmittelbar" oder "mittelbar" zum "Reichsgebiet" zu machen, wie er in einem Brief an Gottlob Berger vom 28. 8. 1944 schrieb. Vgl. Das Schicksal der Deutschen in Rumänien. Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa III, München 1984, S. 37E. Ähnliche Absichten hat es auch bezüglich des rumänischen Banates und der von Deutschen (Donauschwaben) bewohnten Gebiete in Jugoslawien gegeben.

"(...) vor kurzem noch fehlte ein Gesamtvolksbewußtsein: heute, wo es sich auf die Wirklichkeit des 100-Millionen-Volks erstreckt, leiten sich aus dem Wissen um die eigene räumliche Zersplitterung und staatliche Abgetrenntheit nicht etwa imperialistische Wünsche ab, sondern ein schöpferischer Ordnunsgedanke zur Befriedigung des noch immer wichtigsten Erdteils Aus der Einstellung der Deutschen zur Volksgruppenfrage wird sich in der Zukunft europäisches Recht entwickeln; einfach deshalb, weil jede andere Haltung ungerecht und vernichtend ist, denn der heutige Zustand, wo Europäer von Europäern bloß ihres Volkstums wegen entrechtet und, oft trotz oder gerade wegen ihrer höheren Leistungskraft, zu Europäern zweiten Grades herabgedrückt werden, bedeutet eine ständige Friedens- und Kulturbedrohung. Das erwachte deutsche Volksbewußtsein leistet also für die gesamteuropäische Zukunft (und damit für die ganze Welt!) einen schöpferischen Beitrag, den die Geschichte auch gegen die Nutznießer am Raube fremden, womöglich wertvolleren Volkstums durchsetzen wird!
Der Widersinn der Entvolkungsversuche an deutschen, den höchstwertigen Volksgruppen, tritt besonders kraß hervor angesichts der deutschen Leistungen im Ausland."

Heinrich Zillich: Die Bedeutung des Deutschen Auslands-Instituts in Stuttgart, in: Das Innere Reich. Zeitschrift für Dichtung, Kunst und deutsches Leben, 4. Jg., Heft 7/ Oktober 1937, S. 859.


"Die Finger zu rostigen Krallen gebogen"

Heinrich Zillich und die Topographie der Verdrängung[*]
Von William Totok

Heinrich Zillich (1898-1988) bleibt ein umstrittener Autor, auch wenn ihm seine kleine Anhängerschaft als entideologisierten Klassiker der rumäniendeutschen Literatur mit unlauteren Mitteln im Pantheon der Unbefleckten einen Ehrenplatz zu erkaufen versucht. Daß Zillich sich nie von seinen eigenen Schriften distanziert, ja bis an sein Lebensende die merkwürdigsten Äußerungen - in Gedichten, Aufsätzen und Interviews - verbreitet hatte, ist nur ein weiterer Beweis, für die Zählebigkeit eines zum literarischen Mythos hochstilisierten Schriftstellers, in dem und durch den sich seine Gefolgschaft bestätigt fühlt. Seiner postumen Anhängerschaft könnte nur schwer der Vorwurf der kollektiven Amnesie unterstellt werden. Was aber löst gewisse Verdrängungsmechanismen und die unaufhörlichen Rechtfertigungspirouetten aus, angesichts unumstößlicher Tatsachen und Fakten? Zillich war nicht das unschuldige Opfer ideologischer Manipulationen, sondern ein Vordenker des rumäniendeutschen Faschismus. Ihn als einfachen intellektuellen Schreibtischtäter abzustempeln, käme einer Bagatellisierung seiner tatsächlich gespielten Rolle im Kontext des sich europaweit ausbreitenden Faschismus deutscher Couleur gleich. Die sozialpolitischen Ursachen für die größere Ansteckungsgefahr einer nationalen Minderheit, wie der Rumäniendeutschen, durch den faschistischen (nationalsozialistischen) Virus sind in erster Linie historisch bedingt. Je weiter eine ethnische Minderheit vom Zentrum der Mutternation entfernt ist, um so stärker wirkt der nationale Identifikationssog. Die Nazis hatten diese minderheitenspezifische Tatsache geschickt zu ihren Gunsten ausgenutzt. Die namhaftesten Schriftsteller verwandelten sich freiwillig - also nicht nur dank geschickter aus dem Reich gestarteter Umwerbungsaktionen und "völkischer" Schmeicheleien - in brave Instrumente der barbarischen "Volk ohne Raum"-Ideologie.

Die Annäherung binnen- und auslandsdeutscher Autoren gleicher Gesinnung beschreibt der "Literaturbetrachter" Arno Mulot als einen komplizierten Prozeß, weil: "Auf der einen Seite gingen wir vom Reich her mit neuem Eifer den Spuren des deutschen Blutes in der Fremde nach und erwarteten im Zeugnis der Dichter den gewichtigsten Aufschluß über auslanddeutsches Wesen. Auf der anderen Seite arbeitete sich die Dichtung der deutschen Volksgruppen im Osten gerade in den letzten Jahrzehnten immer stärker aus der provinziellen Enge heraus."

Die widrigen politischen Zustände im Zwischenkriegsrumänien intensivierten die pronazistische Haltung einer vorrangig bäuerlich-konservativ geprägten Minderheitenbevölkerung und schufen den Nährboden für das spätere politische Desaster. Der ethnische Selbsterhaltungstrieb generierte andererseits eine zunehmende Abschottung gegenüber Andersnationalen und das verkrampfte Festhalten an überholten Traditionen. Die Anfälligkeit für autoritäre Handlungs- und Denkschemata ist dabei unübersehbar. "Zweifellos ist es sehr beunruhigend", notierte die Querdenkerin Hannah Arendt, "daß totale Herrschaft, obwohl offen verbrecherisch, von der Unterstützung der Massen getragen wird. Es kann daher kaum überraschen, daß Wissenschaftler wie Politiker die Tatsache häufig nicht sehen wollen, wobei die einen stattdessen an die magische Wirkung von Propaganda und Gehirnwäsche glauben und die anderen zu schlichter Verleugnung greifen (...)".

Fast die gesamte rumäniendeutsche intellektuelle Elite aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen klammerte sich an den "völkischen" Strohhalm, in der Hoffnung auf Anerkennung im Reich. Den unverlangten Loyalitätsbekundungen der rumäniendeutschen Intellektuellen gegenüber des nach 1933 an die Macht gekommenen Naziregimes gingen eindeutige profaschistische Stellungnahmen voraus. Die in Rumänien erst ab 1940-41 durchgesetzte "Gleichschaltung" folgte eigentlich auf eine schon viel früher eingesetzte "geistige" Selbstgleichschaltung. Das Versagen rationaler Prinzipien war auch im Falle durchaus bürgerlich-demokratischer Minderheitenpolitiker festzustellen, die über die provinziellen Naziquerelen die Vorbildlichkeit nationaler Verbrüderungsszenen aus dem "Reich" stellten. Die verführerische Wirkung des Faschismus auf Intellektuelle, die bis 1932-33 eher eine abwartende Haltung gegenüber Hitler eingenommen hatten, ging Hand in Hand mit einer geschickt vom Goebbelschen Propagandaapparat in Bewegung gesetzten Umwerbungskampagne der "Auslandsdeutschen". Das Bedürfnis der Zugehörigkeit zum Mutterland befriedigte die Propagandamaschinerie mit Buchveröffentlichungen, überschwenglichen Kritiken, fürstlichen Honoraren, Literaturpreisen, akademischen Titeln usw. Es handelte sich dabei keineswegs um illusionäre offizielle Anerkennungen, sondern um tatsächliche Bestätigungen und gleichzeitig ideologisch verbrämte literarpolitische Ermutigungen, die im Attest der offiziellen Nazi-"Kunstbetrachter" für die auslandsdeutschen Autoren mitgeliefert wurden.

"Die Neugeburt unseres Volkes hat den Blick des Binnendeutschen nun auch für alles Volkstum außerhalb der Reichsgrenzen geschärft, wie umgekehrt die Auslanddeutschen ihr Antlitz hoffend und vertrauend der deutschen Mutter zuwenden. Der Auslanddeutsche, in dem das biologische Gewissen niemals verstummen durfte, sollte er sich nicht selbst aufgeben, hat von je auch in der Dichtung sein Volkstumserlebnis stärker hervortreten lassen als der Binnendeutsche. Da ihm aus politischen Gründen oft der unmittelbare Ausdruck dafür versagt ist, greift er zum Sinnbild, das gern dem organischen Bezirk ewigen Werdens und Vergehens entnommen wird. So kreisen Linkes Gedichte um das Sinnbild des Baums, Heinrich Zillichs Gedichtband 'Komme, was will', schöpft aus dem Bilderschatze bäuerlichen Lebens." Den "auslanddeutschen Dichtern" wird zudem "die leidenschaftliche Liebe zu Deutschland" bescheinigt. Denn: "Volkhafte Dichtung von heute ist ein einiges 'deutsches Bekenntnis', wie Kolbenheyer es geformt hat, in dem ein Volk 'im letzten Vertrauen Gau bei Gau' sich zusammenfindet (...)."

Zillichs Texte verdeutlichen geradezu beispielhaft eine zäserlose "völkische" Weltanschauung, lange bevor die Nazis in Deutschland die Macht ergriffen hatten. Deren demographische Wahnvorstellungen und synthetisch geschürten Überfremdungsängste, die ab 1933 zur Staatspolitik wurden, gehörten schon 1929 zum thematischen Rüstzeug Zillichscher Poesie:

Die Finger zu rostigen Krallen gebogen
drehn wir die Krume dreimal im Dung.
Wir schaffen und sammeln. Die Zeit ist verflogen,
wo unser das Land, wo wir stark noch und jung.

Im Schoß unsrer Weiber schwillt selten die Frucht.
Die Schar unsrer Männer ward klein.
Wir stehn an der steigenden Todesbucht
und sehn ohne Ahnung hinein.

...................................................

Gib Gott, daß die Quelle uns wieder erspringe,
daß Lieder zur Vesper ertönen,
aus junger Kraft sich das Frühlicht entschwinge,
Volk sich erneu in den Söhnen!

Nach dem 2. Weltkrieg versuchten verschiedene "Exegeten" Zillichs fremdenfeindliche und rassistische Exzesse mit dem Argument herunterzuspielen, daß in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift "Klingsor" auch deutschsprachige jüdische Autoren aus der Bukowina veröffentlichen konnten. Das ambivalente Verhältnis Zillichs zu Alfred Margul-Sperber beruhte jedoch eher auf einem tiefsitzenden literarischen Neidkomplex als auf ethnischer Toleranz. Einerseits reagierte der "Klingsor"-Herausgeber verständnisvoll auf die von jüdischen Autoren geschriebenen wertvollen literarischen Arbeiten, andererseits begegnete er den Verfassern mit sterotypen Vorurteilen und verbalen Aggressionen, an denen sich ziemlich genau seine ideologischrigide Haltung diagnostizieren läßt. Der von irrationalen Ressentiments durchwucherte Zillichsche Antisemitismus entspricht voll und ganz dem von den Nazis propagierten. Stellvertretend dafür ist ein Brief Zillichs, den er am 08.05. 1932 an Sperber richtete. Es ist ein erschreckendes Zeitdokument, an dem sich Zillichs faschistische Auffassungen mit äußerster Deutlichkeit ablesen lassen:

Lieber Herr Sperber, ich danke Ihnen sehr für die Übersetzung. Dieser Neagoe ist interessant. Sein Impressionismus erscheint uns heute vielleicht etwas überholt, aber ich finde, er liegt dem rumänischen Volkscharakter sehr. Ich veröffentliche die Skizze im Juli. Auch die Gedichte von R. Ausländer sollen bald erscheinen. Ob ich den allerdings sehr umfangreichen Beitrag von Neagoe bringen kann, den Sie mir so freundlich ankündigen, weiss ich nicht. Ich bin stofflich blockiert. Die nationale Bewegung im Reich bestimmt mich augenblicklich thematisch. Wir müssen hierin klar sehen.

Ihre Übersetzung ist so gut, dass ich kein Wort ändern möchte. Nochmals herzlichen Dank.

Ich sende Ihnen heute das letzte Klingsorheft zu, das sich wieder mit der Judenfrage beschäftigt, allerdings in einem Sinne, der Ihren Beifall nicht finden wird. Was Sie in Ihrem Brief über diese Frage schrieben, interessiert mich. Ich glaube aber, in einigen Einzelheiten sehen Sie den Ernst des Problems nicht ganz richtig. Ich weiss nicht, wie das Zusammenleben zwischen Juden und ihren Wirtsvölkern im 1. Jahrtausend n. Chr. beschaffen war, aber dass es heute recht schwer geworden ist, fühle ich ja selbst, obgleich ich mit Juden nur sehr selten zusammentreffe. Nicht das Anderssein der Juden fordert heraus, sondern die bestimmte Art dieser Verschiedenheit, die unmittelbar gegen den seelischen Kern besonders der Deutschen gerichtet ist. Ich halte es für falsch, wenn Sie annehmen, dass die Vermischung der Deutschen mit slawischen Völkern und anderen Stämmen erst einen deutschen Judenhass ermöglichte, weil die Deutschen, infolge dieser Mischung von unbewusster Sehnsucht nach ihrer einstigen nordischen Wesensart ergriffen, fälschlicherweise im Judentum den Gegner zu sehen vermeinen, der eigentlich in ihrem Blute steckt. Diese Erklärung ist viel zu kompliziert. Sie ist psychoanalytisch. Die Sehnsucht nach der nordischen Art hat das Volk ja gar nicht. Sie ist auch eine neue Erfindung. Wenn Rassemischungen solche Ergebnisse erzielen könnten, warum hat der viel stärker gemischte Franzose und Italiener, der Engländer jenen Judenhass nicht, den die Deutschen haben? Wir dürfen nicht nach der nordischen Beigabe im deutschen Wesen fragen, wenn wir diese Frage betrachten, sondern direkt nach dem deutschen Volkswesen und dem jüdischen, die sich anscheinend in einem viel tieferen Sinne ausschliessen als etwa Franzosentum und Judentum. Die östlichen Völker, auch die Rumänen, hassen den Juden, weil er sie als Händler ausbeutete. Religiöse Momente spielen mit. Der Deutsche würde von den Juden im materiellen Verstande kaum wirklich ausgebeutet, wenn es auch natürlich in jedem Volke Missfallan erregt, ein Gastvolk zu beherbergen, dessen Ziel offensichtlich das ist, durch stärkste Konzentration auf das Erfolgversprechende Macht zu erlangen. Diese rationalistische und ärgerlich irdische Einstellung der Juden erscheint uns anstössig. Die Fähigkeit der Juden, sich äusserlich anzupassen, verhindert bei satten, nur mehr bloss zivilisatorischen Völkern, also bei den wesenhaft westlichen, dass die Juden gehasst werden. Die Unfähigkeit der Juden, sich innerlich anzupassen, schafft bei Völkern, die noch kulturschaffend sind, die aus Mangel an einer endgültigen Form noch eine geistige Zukunft vor sich haben, den Judenhass. Der Jude war immer unbeliebt. Der Deutsche war es zeitweilig. Man kann aus dieser Unbeliebtheit bei anderen Völkern durchaus nicht den Schluss ziehen, dass Juden und Deutsche Aehnlichkeiten haben. Die Deutschen waren vor 120 Jahren das beliebteste Volk in Europa, "Volk der Dichter und Denker". Als sie Macht hatten, war es natürlicherweise mit der Liebe aus, weil diese Macht jungenhaft ausgeübt wurde. Aber man darf nicht vergessen, dass die Deutschen Jahrhunderte lang im früheren Mittelalter die Welt beherrschten und damals die Form ihrer Macht die einzig gültige, überzeugende war, der gegenüber von Zu oder Abneigung zu sprechen, überhaupt sinnlos war. Deutsch war die Weltsprache, weswegen sie auch von den Juden angenommen wurde. Jene Herrschaft war eine geistige, die überall durch die gewiss nicht geringen äusseren Machtmittel des ersten Reiches durchbrach und sie bestimmte.Als die Deutschen nach folgenden Jahrhunderten des äusseren Abstiegs, der geistigen Verwirrung, aber auch der geistigen Wiedergeburt wieder Macht erlangten, war die Machtform der anderen Länder schon so mathematisch ausgeprägt, dass die Deutschen einfach die Form nicht fanden, die ihrer Machtauffassung entsprach. Sie übten daher eine öde, tote Macht aus, die nicht öder war als die anderer Völker, aber für die Deutschen unwesenhafter, für sie eine Sünde. Der Deutsche kann keine englische oder gar französische Politik machen, keine reine Machtpolitik; wo er es versucht, entsteht ein wilhelminisches Reich, das aber, weil der Volkskörper gesund ist, immerhin erst durch die Gegnerschaft der ganzen Welt zerbrochen werden konnte. Was Deutschland heute erlebt, ist die Wiederkehr der deutschen Staatsauffassung - Hitler ist dabei nur eine Station der Entwicklung, selbst voll Schlacken der jüngsten Vergangenheit. Geistig betrachtet, ist es der deutsche Kampf gegen den Westen, gegen den Rationalismus, gegen den Kapitalismus. Der Kampf spielt sich wie alle Kämpfe der Deutschen in ihnen selbst ab. Andere Völker verstehen das nicht. Sie erfassen die Fragestellung überhaupt nicht. Die Franzosen schon gar nicht. Sie sind am Ende. Aber auch die Juden erfassen sie nicht. Sie erfassen sie nicht, weil sie, sofern sie sich auf die deutsche Seite schlagen wollen, von ihnen die volle Selbstaufgabe fordert. Wie kann ein Jude aufhören, kein Rationalist zu sein! Wie kann ein Jude den Gottlob wachsenden Kollektivismus anders auffassen als eine Vorrichtung zur gleichmachenden Schematisierung, zu einer irdischen "Gerechtigkeit", also marxistisch, nicht aber Preussisch. Hier liegen die Wurzeln, die Reisner und Blüher noch weiter bis ins Religiöse verfolgen, was ich nicht tue, weil ich eine heilige Scheu vor diesen Tiefen habe, in die man nur dringen kann, wenn man glaubt.

Das Unverständnis der Juden für das wahre deutsche Wesen und die inneren, anscheinend so chaotischen Auszweigungen, in denen es sich zeigt, bemerke ich immer, wenn der Jude zu deutschen Fragen Stellung nimmt. Der französische Patriotismus ist ihm artgemäss. Es ist der Patriotismus, der den Fremden unterjochen will. Der englische ist ihm auch verständlich, denn es ist der des Geschäftsmannes, des Heuchlers und - was allerdings nicht jüdisch ist - des Abenteurers, denn dieser hat eigentlich Englands Kolonien geschaffen. Der deutsche Patriotismus war dem Juden, selbst wenn er sich in der geistigsten Form manifestierte, unverständlich. Er verspottete ihn. Er spottete also über etwas, was ihm fehlte. Der jüdische Spott und Hohn über etwas, was den Juden fehlt, über etwas, worum er ärmer ist als der Deutsche, ist eigentlich die Essenz des jüdischen Witzes, den die Deutschen gutmütig hinnehmen, solange sie nicht gefährdet sind, der sie aber empört, wenn sie in Gefahr sind und wenn dieser Witz politische Ansichten zu bilden beginnt. Denn dann wird das unfreiwillige Einbekenntnis eines Mangels den Juden durch deren geschickte Ausnutzung der Gegenwartslage zur zersetzenden Keimzelle wie heute.

Wenn man aber diese Haltung der Juden dem Deutschen gegenüber aufdeckt, so werden die Juden seltsam hilflos. Irgendwo in ihrem Innern beginnt das Heimweh zu brennen. Sie sind elend verlassen und werden darüber selbst rachsüchtig. Ich will Ihnen das an einem Beispiel zeigen. Ich war vor Jahren, knapp nach dem Kriege, wo die Einflusskraft der Juden auf das geistige Leben noch sehr stark war - die Revolution war marxistisch gedacht, musste aber versanden, weil sie eben nicht deutsch war, die jüdische Presse hatte damals noch Leser und Gefolgschaft - da war ich also in einer Gesellschaft Berliner Juden.Ich war durch eine Jüdin eingeladen worden zu einem "Beifest". Auf der Einladung, die ich noch besitze, war das Wort "bei" in allen möglichen Kombinationen verwendet worden. Der Anklang an das Wort Beischlaf drang durch. Jeder Eingeladene bekam eine "Beidame bei" usw. Diese Geschmacklosigkeit war damals Berlin W. Anwesend waren ausser mir und der Tochter eines Admirals nur Juden, darunter mehrere bekannte Künstler und ein Advokat, der später als Kommunist und Verteidiger von allerlei politischen Verbrechern, besonders solchen, die Hochverrat begangenen hatten, einen Namen machte. Das Fest war das übliche Atelierfest mit reichlicher Ausgelassenheit. Es fehlte aber die Natürlichkeit solcher Feste. Die Juden können meist nicht trinken. Die Sinnlichkeit wird übertrieben. Ich glaube, es liegt den Juden nicht, solche Feste, die im Grunde nichts weiter sind, als in die Stadt verpflanzte Kirchweihen, wobei der Pfarrer und das Messer fehlt und das Geschlechtliche noch wuchtiger triumphiert, zu feiern. Wenn sie es tun, wird die Sinnlichkeit übertrieben, wortreich, geil. Ich war sehr jung und ertrug es ohne darüber nachzudenken. Es gab ganz hübsche Luderchen dort. Aber nun ereignete sich etwas, was ich nie vergesse. Die ganze Gesellschaft begann plötzlich evangelische Kirchenchöre zu singen. Ich verstehe es ohne weiteres, wenn ein Pfarrer nachgeahmt wird. Hier aber wurden diese Gesänge, die ich von kindauf, abgesehen von jeder religiösen Entscheidung, als etwas Reines empfinde, zwischen Geilheit und unzulänglichem politischen Geschwätz, zwischen rotumhüllten Lampen und verdunkelten Brunstnischen, geradezu zwischen den Beinen hindurch gesungen. Ich habe niemals etwas bewusst Lästerlicheres erlebt. Als nachher eine kleine Stille eintrat, sagte ich etwa folgendes: Es tut mir sehr leid, dass ich keine Tempelgesänge kenne, denn wir könnten nun mal die Sache linksherum gehen lassen. - Ich versichere Sie, niemals habe ich mir einem Wort eine solche Empörung erzielt. Erst war alle still. Dann sah man mich mit einem Hass, mit einer Wut an, die gleichwohl nicht ganz offen war, die nicht tätlich werden wollte - denn ich war damals fähig, wem immer an die Gurgel zu springen - die mich aber einfach auszulöschen trachtete. Und man rief mir, in dem merkwürdigen jüdischen Wahn befangen, mich könnten solche Worte beleidigen, zu: Ich sei doch reichlich hausbacken. Wer wird denn noch heutzutage! Aber man rief auch: man lasse jeden nach seiner Fasson selig werden. Ich habe noch heute den Eindruck, dass die Leute nicht sonderlich erregt gewesen waren, wenn ich mich bloss gegen das Singen der evangelischen Chöre verwahrt hätte und dies womöglich mit einem wissenden Schmunzeln gesagt hätte. Dass ich aber die jüdischen Tempelgesänge berührte, das war ihnen, diesem haltlosen grosstädtischen, von allen"Modernen" gehetzten, von der jüdischen Orthodoxie meilenweit und wahrscheinlich höchst bewusst entfernten Grüppchen doch eine Gotteslästerung. Keinem aber fiel es ein, dass es für uns ähnliche Gotteslästerungen auch gibt, die gerade die Juden ununterbrochen begehen, unter dem Vorwand des Fortschritts, des Spotts, der Zivilisation und Humanité, unter dem Antrieb des Karrieresucht und der Herrschlust, ohne schöpferischen Boden und Auftrag. Es wird damit keineswegs besser werden, wenn die Juden bloss den Anteil an der öffentlichen Führung oder Massenbeeinflussung erhalten, der ihnen zahlenmässig zusteht. Die Demokratie ist tot. Die Mehrheit wird kein Argument sein, gottlob. Es wird nur dann besser werden, wenn wieder die starke schöpferische Persönlichkeit in Deutschland bestimmt und das Judentum - nicht bekehrt, das ist unmöglich, sondern dadurch, dass sie aus dem innersten Kern der deutschen Art regiert, entwaffnet. Dazu muss aber Deutschland erst reif werden und wird auch durch den Nationalismus heutiger Prägung, den man nicht den Aeusserlichkeiten des Hitlertums gleichsetzen darf, diesem Zustand entgegengeführt. Die neue nationale Bewegung Deutschlands hat heute fast alle schöpferischen Kräfte versammelt. Was literarisch geleistet wird, wurzelt dort. Was bedeutet noch die "Neue Rundschau", was die "Literarische Welt", was Th. Mann? Die grösseren Leistungen sind bei Dwinger, Grimm, Griese, Carossa, Stehr, Beumelburg usw. Und fragen Sie einmal, wo diese Leute stehen. Sie stehen dort, wo sie schon immer standen, aber das Volk wandelte sich: Berlin fällt ab und damit auch das Judentum. Lesen Sie einmal die Zeitschrift "Die Tat" und die Bücher dieses ausserordentlichen Kreises. Hier ist ein neuer Geist, urfremd dem westlichen und amerikanischen, dem marxistischen und auch russischen. Es ist kein Geist der Romantik, der Deutschtümelei, des Radaus. es ist der Geist der Stein, Hardenberg, der zweiten Befreiung und der Zertrümmerung des westeuropäischen, rationalistischen Menschen. Der Vater dieser neuen aufsteigenden Welt ist in vieler Hinsicht Möller van den Bruck, der leider schon tot ist. Sie werden dort klare Dinge hören, sehr nüchterne Probleme, keinen Judenhass finden, aber den unbändigen Willen zum Staat und zur Herrschaft. Hitler trommelt für diese Männer und weiss es nicht, denn nicht er, ein Zwischending, eine naive Aeusserung des Volksunmuts, wird die Herrschaft antreten. Er war nötig als Rufer. Er ist auch nicht der Führer einer verwahrlosten Kriegsgeneration. Ich kenne Mitarbeiter von ihm. Der Hass gegen die Juden ist in ihren Reihen übertrieben, die Ideologie ist gross, die Klarheit gering; aber sie werden nicht herrschen. Sie sind ein Heer in der Mobilisierung. In ihnen äussert sich ja bloss das neugewordene Deutschland. Man kann doch heute nur nationalsozialistisch oder kommunistisch wählen, wenn man im Reich wohnt. Was dazwischen ist, ist tot, verworfen, eine(!) Ende. Und die Fäden und zwar die nationalen Fäden zwischen Kommunisten und Nationalisten sind stark, stärker als man glaubt. Als ich zum letztenmal in Berlin war, staunte ich darüber. Es ist ein anderes Deutschland geworden.Bloss - man darf der, im Inland kaum mehr gelesenen, und gänzlich einflusslos gewordenen, im Ausland allerdings noch immer aus Gewohnheit beachteten demokratischen und jüdischen Presse nicht glauben. Für wen reden diese Blätter? Sie reden die rationalistische Spiesserei. Aber ich muss es wiederholen: die heute die Massen beherrschende aufgewühlte übersteigerte und verworrene Gefühlswelt, die ist es nicht, die bestimmen wird. Die Masse wird überhaupt nicht bestimmen und es ist Hitlers Fehler, dass er nicht begreift, dass er mit legalen Mitteln, mit der Masse nicht die Masse ausschalten kann. Daran wird er scheitern, aber der Humus seiner Vorgängerschaft ist da und der Geist, der den Acker bestellt, auch schon.

Und nun in dieser Entwicklung die Judenfrage? Die Juden sind Deutschlands Schaden und Aergernis nur solange, als die Deutschen in Verwirrung sind, solange als ausgeweitete und grenzenlose Aufnahmefähigkeit dieses Volkes durch kein Ziel und keine Form gebändigt wird, die aus seinem wahren Wesen dringen. Der Jude ist Deutschland nur gefährlich als geistiges Element, nicht als Händler, sondern höchstens als Handelsgeist; wo der deutsche Geist beruhigt ist, Ziel und Aufgabe sieht, wird sich der Jude bescheiden und vielleicht sogar fruchtbar sein. Ich habe nie gehört, dass im Reich Friedrich des Grossen jemals über mehr als über die jüdischen Geschäftspraktiken geklagt wurde. Die Juden konnten damals einfach nicht zersetzend wirken.

Die jüdische Frage ist also im Grunde eine deutsche Frage. Ich glaube nämlich nicht, dass sich der Jude, wohl aber dass sich der Deutsche wandelt - zu sich zurück.

Nun habe ich Ihnen einen ganzen Aufsatz geschrieben und vielleicht wäre es gut, diesen Aufsatz auch einmal für die Öffentlichkeit zu schreiben. Vielleicht ist es noch zu früh.

Schreiben Sie mir, was Sie dazu sagen.

Herzlichst grüsst Sie Ihr

Dr. H. Zillich

Die deutschtümelnde Überheblichkeit Heinrich Zillichs gepaart mit einer unübersehbaren Xenophobie kennzeichnen auch einige seiner epischen Werke, die von bestimmten Exegeten sogar als Suche nach "europäischem Zusammenleben" umgedeutet werden. Die ideologisch gefärbten NS-Interpretationen sind in diesem Zusammenhang gerade für ihre, das Werk betreffende freimütige Betrachtungsweise offensichtlich zutreffend. So bescheinigt der bereits erwähnte Literaturbetrachter Mulot Zillichs Alter ego, Lutz Rheindt, der Hauptperson des Romans "Zwischen Grenzen und Zeiten", das Erwachen "zur Ahnung völkischer Gegensätze und Schicksale, zum Stolz und Verantwortungsbewußtsein des deutschen Stammes. (...) Die kindlichen Erfahrungsbereiche weiten sich zu einer großräumigen Schau, zu völkerpsychologischen Erfahrungen und zu den grundlegenden politisch-volksdeutschen Lehren aus. Der siebenbürgische Raum verlangt 'ein völkerübergreifendes und gerechtes Führen', das bisher nur von Deutschen geleistet wurde. Alle anderen Völker wollten nichts als sich selbst, die Deutschen allein wollten das Große, das allen Gerechte, die Idee, das Gemeinsame. Die Rumänen lebten im dumpfen Drang ihrer vitalen Kraft, und selbst die ritterlichen, überlieferungsgebundenen, mit deutschem Blut tausendfach vermählten Ungarn achteten kein Volksrecht als nur das ihre - ganz zu schweigen von dem Judentum, dem Spaltpilz und Nutznießer der Zersetzung." Den anderen Nationalitäten gegenüber, kommentiert derselbe Naziliteraturbetrachter am Rande des Zillichschen Romans, "vertraten die Siebenbürgendeutschen den Ordnungsgedanken des Reiches, das andere Völker nicht unterdrückt, sondern in seinen Schutz und seine Lehre nimmt". Die Deutschen im Südosten, fügt er an einer anderen Stelle hinzu, lebten mancherorts "mit primitiven, naturnahen Völkern und Rassen zusammen". "Der Banater Otto Alscher ist mit seinen Büchern als der Schilderer des Zigeunervolkes in die deutsche Dichtung eingegangen. Heinrich Zillich hat in der meisterlichen Novelle 'Der Zigeuner', die in der Sammlung 'Sturz aus der Kindheit' (1933) erhalten ist, das gleiche Motiv aufgegriffen. Während sich Alscher im Mitleid über die verfemte Rasse erbarmt, sieht Zillich schärfer und klarer in die animalischen Abgründe dieser Gemeinschaft, die außerhalb der sittlichen Ordnung der kulturschaffenden Völker steht."

In seinem von den Nazis ebenfalls hochgelobten Roman "Der Weizenstrauß" wird die deutsche Herrenmoral im wahrsten Sinne des Wortes veranschaulicht:

"Draußen knarrte die Gartentür. Neugierig liefen die Mädchen zum Fenster, und auch Beate ging ihnen nach. Eine Zigeunerin kam bloßfüßig mit zwei Butten Walderdbeeren über den Kies und schrie grell immer den gleichen Satz.
Aus dem Haus trat die Wirtschafterin hervor, einen langen Stumpf, an dem sie strickte, zwischen den Fingern, und begann mit der Beerensammlerin zu feilschen. Offensichtlich ließ sich eine Einigung nicht erzielen, denn die Zigeunerin wandte sich scheltend ab, nicht ohne am Gartenausgang den Rock über den Hintern hochzuziehen, worauf die Wirtschafterin erstaunlich flink einen Stein in der Hand hatte und mit ihm die rechte Stelle traf.
Während das Weib kreischend verschwand, zog Frau Schunn eine Nadel aus dem Strumpf und stocherte damit ohne Erregung im grauen Haar, lachte zu den Gästen hinauf, die erschüttert im Fenster lehnten, und sagte: 'Das Mistvieh muß man so behandeln', wandte ihre dicke Gestalt und rief mit Genugtuung: 'Da kommt es wieder.'
Tatsächlich trat die Zigeunerin nochmals ein und bot ihre Butten an, nun bedeutend friedfertiger, nahm das gereichte Geldstück, übergab die Erdbeeren und trollte sich zufrieden."
'Mit solchen Leuten könnte ich niemals umgehen', erklärte Lena, aber Frau Schunn meinte, alles ließe sich lernen, in Deutschland würden die Zigeuner wohl nicht besser sein. Als sie hörte, daß es dort kaum einen Zigeuner gebe, der mit Erdbeeren hausiere, winkte sie ab und sagte mißtrauisch: 'In Seide werden sie auch bei Ihnen nicht herumlaufen.'"

Von dem stalinistisch gleichgeschalteten rumäniendeutschen Literatur- und Kulturbetrieb wurde Zillich zur Unperson erklärt und an seinen Namen das Attribut faschistisch angeheftet. Die schematischen Etikettierungen dominierten die rumänische Öffentlichkeit bis in die 6oer Jahre, als dank einer vorsichtig gesteuerten Öffnung auch mehr oder minder sachliche Diskussionen - ja sogar über die Fehler der Vergangenheit - geführt werden konnten. Die Rolle Zillichs in den vorangegangenen Jahrzehnten blieb jedoch weitgehend tabuisiert. Wenn er genannt wurde, dann als verdienstvoller Herausgeber der Zeitschrift "Klingsor". Auch in der Bundesrepublik Deutschland breitete sich über die dunklen Abschnitte der jüngsten Geschichte der Rumäniendeutschen der Mantel des Schweigens. Die Zeit des Kalten Krieges entwickelte sich zum ausgesprochen idealen Medium der Vergangenheitsverdrängung, in dem ein stramm antibolschewistischer Kurs praktisch der "offiziellen staatsbürgerlichen Haltung" entsprach, wobei "ideologische Elemente des Nazismus mit denen des kapitalistischen Westens amalgamierten". Die offen antisemitische Einstellung Zillichs wäre in den Nachkriegsjahren unzeitgemäß gewesen. Seine ideologische Rigidität manifestierte sich jedoch in einem undifferenzierter Antikommunismus, der vollauf dem von den Nazis gebrauchten Untermensch-Stereotyp entsprach. In der von ihm herausgegebenen und betreuten Zeitschrift "Südostdeutsche Vierteljahresblätter" (von 1951-57: Heimatblätter) sind Dutzende von Artikel, Aufsätzen, Essays, Gedichten usw. erschienen, an denen die nach 1945 vorgenommene Entnazifizierung spurlos vorbeigegangen war. In einem langen, 1975 veröffentlichten Aufsatz schrieb Zillich mit unvermindertem Aplomb:

Daß an beiden Weltkriegen die Nordamerikaner teilnahmen, war für Europa kein Segen. Was brachten sie uns nach dem zweiten Krieg? Die Demokratie, doch nur für Westdeutschland und erst nach etlichen Jahren ihrer Diktatur und eigenmächtigen Bestrafung aller, die bei uns nicht so gedacht hatten, wie sie es wünschten. Sie unterstützten den Vorstoß der Russen bis zur Elbe und östlich davon die gewaltsame, mit blutigen Leiden verknüpfte Einführung des Kommunismus (...). Der amerikanische Einfall, ein ganzes Volk, das unsere, nach 1945 umzuerziehen, war ein Vorgang, über den sicherlich einmal ein Dichter eine unsterbliche Satire schreibt. Puritaner, schlechthin also Nordamerikanar, meinen, von Gott ausersehen, selbst eine Rasse, die Indianer, fast ganz ausrotten zu dürfen und dennoch Gottes Lieblingsvolk zu bleiben, berufen dazu, Europa, besonders die Deutschen, moralisch zu schulmeistern. Dabei fielen sie 1945 und 1946 auf jene cleveren deutschen 'Intellektuellen' herein, die ihnen nach dem Maul schwatzten und dafür die westdeutschen 'Massenmedien' erhielten. (...) Ununterbrochen wird von den 'Umerziehern' seit über 30 Jahren unsere Bevölkerung am stärksten angesprochen und dabei kam eine Menge jüngerer Nachläufer ins Geschäft, deren Wissensmangel und Überheblichkeit größer sind als bei den zu Veteranen gewordenen Vorbildern. (...) Die westdeutschen Versäumnisse hinsichtlich der Aufdeckung der geschichtlichen Wahrheit entsprangen einer duckmäuserischen Gesinnung, die uns schwächt. Die Schuldigen sind da nicht die Parteien als solche, sondern - um es zu wiederholen - jene in nationalen Dingen herzenskalte, geschichtsunkundige, voreingenommene, anmaßende und nicht schlecht verdienende 'Intellektuellen'-Clique. Ihre Sinnesart half mit, daß wir zum geburtenärmsten Land wurden, daß die Abtreibung erleichtert, also die Vernichtung ungeborener Kinder geduldet ist, daß Mütter und Ehefrauen hinter das berufstätige Weib gestellt werden. Die Liebe verkrüppelten sie zum sexuellen Sport. (...) Man verhöhnte ferner die Wehrbereitschaft; es hängt kein Makel daran, sich um den Soldatendienst zu drücken; jedem ist es erlaubt; wir entwaffnen uns selber. (...) Die palästinensischen Terroristen wollen ihre verlorene Heimat zurückerobern; sie sind Patrioten trotz verwerflicher Kampfweise. Die deutschen Terroristen, völlig verschieden von ihnen, obschon ihre Schüler in den Methoden, kennen ihr Volk nicht. (...) Die Terroristen sind - selbst das vernebeln ihre journalistischen Verharmloser - Kommunisten. (...) In einer sowjetrussischen Zeitung las man: 'ein hingerichteter Terrorist mordet nicht mehr!' Das ist ein sehr gescheiter Beitrag zur Erwägung, Strafrecht und Strafvollzug zu verschärfen. Die Volksmehrheit hat sich da schon unmißverständlich entschieden; jedoch der Staat will es nicht wahrhaben, was der Demokratie eigentlich widerspricht.(...).

Ungebrochen von den Erfahrungen zweier Weltkriege, von der faschistischen Katastrophe und vom Völkermord an Menschen anderer Rasse überschüttete Zillich mit seinem selektiven Zorn auch im hohen Alter die Linsksintellektuellen, in denen er bereits in den Endzwanzigern die Totengräber der Nation zu erkennen glaubte. "Das Heimweh nach dem Krieg", wie es der frühere italienische Außenminister Ciano mal formulierte, durchhallt das Oeuvre dieses Autors. Sämtliche Ideen des europäischen Zivilisationspessimismus gekoppelt mit einem tiefsitzenden Unzufriedenheitskomplex sind auch im Spätwerk Zillichs konserviert. Die pathetische Aggressivität, das Unbehagen an der Demokratie sowie die Verklärung der Weltkriegsfolgen kennzeichnen das Werk dieses Schriftstellers, der in einem anläßlich seines 80. Geburtstages veröffentlichten Gedicht folgerichtig schrieb:

Die Pein beginnt schon vor dem ersten Bissen.
Auf jeden Säugling ist das Schwert gezückt.
Die Fahnen schlappen mürb und schlachtzerstückt.
Verstörter Zweifel nagt an dem Gewissen.

Die Völker sind wie müde Bauernscharen,
doch edler Stirn. Ihr Haar hängt grau verwirrt.
Im eignen Korne stehn sie wie verirrt.
Die Garben frachten lachend die Barbaren.

Barbaren rings, behängt mit Waffen,
geduckt zum Sprung, des letzten Heiligtums
uns zu berauben und geraubten Ruhms
begierig, was wir schufen, zu erraffen.

In Domen aber quadert sich das Hohe
unsterblich. Neben Schmach und Niedertracht
glüht noch in Wien des Reiches Krone Pracht
und harrt des Helden in der Feuerlohe.

Was wir verloren, wird einst neu durch Einsicht
Nur hier im alten Fruchtland keimt die Saat
der Gottes-Ordnung zur Erlösungstat.
Durch Pöbeldunst gleißt fern das Morgenlicht.
 

[*] Anmerkung: Quellenangaben, Anmerkungen und Fußnoten wurden weggelassen. Siehe: "Die Finger zu rostigen Krallen gebogen". Zeitfelder 1933 - 1945, Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, 1/1993, S.57-72.


Zillichs politischer Standort in den 30er Jahren

Von Klaus Popa

Südostdeutsche Vierteljahresblätter 2/1968, S.82: "Ich befand mich in qualvoller Lage. Im Deutschtum Rumäniens tobte ein wütender Bruderzwist. Als ich mich gegen die radikale Gruppe wendete, weil sie die Gemeinschaftsdisziplin verletzte, wurde ich übel angefeindet. Die Gefahr bestand, in solchem Streit zu veröden."

Südostdeutsche Vierteljahresblätter 3/1981, S.224-231, Besprechung von "Die Bischöfe der Evangelischen Kirche A.B. in Siebenbürgen", 1980.

S.226f.: Zillich nimmt zu den Zwischenrufen von Dr. Waldemar Gust in der Sitzung des Siebenbürgisch-Deutschen Volksrates in Hermannstadt am 22. Januar 1934 Stellung. Er schildert diesen Hergang nicht, der aber aus den Tagebuchaufzeichnungen von Bischof Viktor Glondys aufscheint:
"Dr. Gust rief dazwischen "lächerlich" und "wir werden es ihm [dem Bischof] schon zeigen", worauf Gust von anderer Seite her, zugerufen wurde, er möge bedenken, daß der Bischof hier stehe. Gust rief: "Er ist hier nicht der Bischof, sondern einfach Mitglied des Volksrates". Seitens des Vorsitzenden [Dr. Otto Fritz Jickeli, gemäßigter Nationalsozialist] geschah nichts, um dem Bischof sofort Genugtuung zu geben. Nach der Sitzung erschien Dr. Hans Otto Roth und teilte mir mit, die Mehrheit der Mitglieder habe die Sitzung verlassen, gleich darauf meldete sich Dr. O. F. Jickeli mit Pomarius. Ich habe sie nicht empfangen, da ich es für zwecklos hielt. [...] ändert das doch nichts an der Tatsache, daß er Gust nicht in die Schranken wies, sondern den Bischof der Kirche, der nicht gewähltes Mitglied wie jeder andere im Volksrat ist, sondern ihm gerade als Bischof von Amtswegen zugehört, einer unwürdigen Behandlung aussetzen ließ, ohne einzuschreiten. [...]" (Tagebuch. Aufzeichnungen von 1933 bis 1947, hg. von Johann Böhm und Dieter Braeg, Dinklage 1997, S.85). Soweit Glondys.
Nun Zillich:

"Bischof Glondys wähnte sich vom in jeder Hinsicht untadeligen Volksratspräsidenten Dr. Otto Fritz Jickeli beleidigt worden zu sein und verließ nach scharfer Verwahrung wieder einmal empört den Saal, worauf der Abgeordnete Dr. Hans Otto Roth, keineswegs sein Freund, doch ein Gegner von Jickelis Anhängern, den Augenblick nutzend, die Anwesenden mit Pathos aufforderte, dem Bischof zu folgen. Das taten 52 Volksratsmitglieder, die Glondys im Bischofspalais sofort empfing, während er den Volksratspräsidenten und dessen Stellvertreter Alfred Pomarius nicht vorließ, die ihm nachgeeilt waren, um seinen Irrtum aufzuklären. Der Vorgang gewann Bedeutung durch das Echo. Freunde des Bischofs setzten Vertrauenskundgebungen für ihn bis in die Ortskirchenleitungen durch. [...]

Ich fühlte mich verpflichtet, dazu Stellung zu nehmen, als am 28. Januar 1934 das Presbyterium (Kirchenrat) der Honterusgemeinde in Kronstadt, dem ich damals angehörte, ebenfalls zu solchem Vertrauensbeschluß genötigt wurde. Meine in der Sitzung ausgesprochene Meinung ließ ich als "Ein Wort zu den Vertrauenskundgebungen für unseren Bischof" drucken und den bekanntesten Siebenbürger Sachsen zugehen. Weder in der Sitzung noch nachher wendete sich jemand gegen meine Ausführungen. Offenbar hatte ich den Kern der Angelegenheit richtig herausgeschält."

Es folgt Zillichs gekürzte Rede:

"[...] Es ist mir klar, daß diese Kundgebung für eine im Bewußtsein unseres Volkes festverankerte Autorität, einmal gefordert, nicht verweigert werden darf, weil die Autorität für uns unantastbar bleiben muß. In ihr ist ein S u b s t a n z i e l l e s unseres Bestandes als Volk und Kirche zu wahren. [...] meine Erklärung [...] betrifft das Verhalten unseres Bischofs. [...] Ich bitte Sie also sich zu vergegenwärtigen, wie der Vorfall, der sich zwischen Bischof und Volksratspräsident abspielte, im gewöhnlichen Alltag zwischen gewöhnlichen Menschen nach den üblichen Anschauungen abläuft. Jemand vermeint, von einem anderen beleidigt zu sein. Was wird er tun? Er wird Aufklärung verlangen. Die ist die unanfechtbarste und richtigste Haltung. Er wird sich davor hüten, den, von dem er sich beleidigt wähnt, sofort in heftigen Worten anzugreifen, wenn er sich nicht selbst ins Unrecht setzen will. Diese Haltung vollends ist, sofern man c h r i s t l i c h e Maßstäbe anlegt, die einzig mögliche ... Und nun gar bei einem Bischof, dessen Amt es nach eigenem häufigen Bekenntnis ist, über den Parteien das Werk der Einheit und des Friedens zu fördern. Da haben wir als diejenigen, die sein Amt ehren, das Recht darnach zu fragen, ob er sich christlich und bischöflich führt. In diesem besonderen Falle handelt es sich um den s ä c h s i s c h e n Bischof und um den sächsischen Volksratspräsidenten, um die zwei Personen, in denen sich unser Volk kirchlich, kulturell und politisch verkörpert; es geht um die gleichberechtigten Spitzen unserer Gemeinschaft, von denen wohl der Bischof das durch den besonderen Ernst der Kirche und ihrer Tradition tiefere Gewicht hat, äußerlich aber dem anderen nicht übergeordnet sein kann noch ist; und darum haben wir schließlich darnach zu fragen, ob seine Haltung diesem Gesichtspunkt entspricht, zu fragen, ob er sächsisch-bischöflich handelte dem sächsischen Volksratspräsidenten gegenüber, in dem sich ebenso wie in ihm das sächsische Volk verkörpert. Besonders ist die Frage von Bedeutung für den betrachteten Vorfall, der nie entstanden wäre, wenn der Bischof ruhig Aufklärung gefordert hätte".

Zillich verübelt dem Bischof, daß er den Volksratspräsidenten nicht vorließ und auch auf dessen nachfolgende briefliche Darstellung seinen Irrtum nicht einbekannte. Auch sei es unzulässig, daß der Bischof nur einen Teil der Volksratsmitglieder empfing, wodurch er zu ihnen selbst hinrutschte. Auch dieser Aspekt sei zu hinterfragen: "ob dieses Verhalten im Hinblick auf das Christentum und die Bischofswürde richtig war; wichtiger ist die Untersuchung, ob es vom Standpunkt des s ä c h s i s c h e n Bischofs vertretbar sein kann. Es waltet hier offensichtlich ein augenblicklicher Mangel an Instinkt vor."

Zillich stellt weiter fest, die Kirche habe nun Partei ergriffen.

"Und diese Tatsache eben ist höchst besorgniserregend".

Zillich sagt weiter unten: "obwohl ich die DVR ablehnte, weil sie sich in die Volksorganisation nicht mehr einfügte".

Die dargebotenen Textstellen verdeutlichen, daß Zillich zwar die radikalen Nationalsozialisten, die sich in der Deutschen Volkspartei in Rumänien (DVR) gesammelt hatten, ablehnte, aber die Partei der gemäßigten Nationalsozialisten im Volksrat ergriff. Alfred Pomarius, der stellvertretende Volksratspräsident, war nicht zufällig ein guter Freund Zillichs und langjähriger Mitarbeiter bei dessen Zeitschrift "Klingsor", wo er für die politische Chronik zuständig war.

Zillichs Stellungnahme zum Vorfall in der Volksratssitzung vom 22. Januar 1934 zeichnet sich zunächst dadurch aus, daß sie den Konfliktstoff auf den Zusammenstoß des Bischofs und des Volksratspräsidenten reduziert und nur die Reaktionsweise des Bischofs, nicht aber die des Volksratspräsidenten unter die Lupe nimmt. Damit nimmt Zillich eindeutige Stellung gegen den Bischof ein und bekundet seine Sympathie für den Volksratspräsidenten und dessen gemäßigten Nationalsozialismus. Auch das Bemessungskriterium, dem Zillich die Haltung des Bischofs unterwirft, illustriert seine betonten Vorbehalte gegenüber dessen Person. Zillich ignoriert die persönliche Reaktion des Bischofs, also dessen persönliche Beweggründe, auch die kirchliche und politische Ausnahmestellung des Bischofsamtes, er hinterfragt also nicht, ob Glondys als Mensch oder als Bischof der ev. Landeskirche A.B. richtig reagiert und gehandelt hat, sondern ob er als "sächsischer Bischof" sich "sächsisch" verhalten hat. Zwar erwähnt Zillich auch "christliche Maßstäbe", nach denen Glondys zu beurteilen sei, doch was er damit meint, ist aus dem mitgeteilten Auszug nicht ersichtlich.

Zillich unterschiebt dem eigentlich kirchen- und politmoralischen Hintergrund (das radikale Volksratsmitglied Gust hatte durch seine unverschämten Zwischenrufe die Rede des Bischofs unterbrochen und sowohl dessen Person als auch dessen Amtswürde, also auch die Kirche als Institution beleidigt), den er faktisch unterschlägt, den völkisch-nationalen Maßstab des "Sächsischen", daher seine Fragestellung, ob Glondys "sächsisch-bischöflich handelte dem sächsischen Volksratspräsidenten gegenüber, in dem sich ebenso wie in ihm das sächsische Volk verkörpert." Die Position Zillichs ist also eindeutig nationalistisch bestimmt. Andere Ansatzpunkte (kirchlicher oder politischer, selbst zwischenmenschlicher Moral) geraten bei ihm ins Hintertreffen des national-sächsischen Kriteriums bzw. werden zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Zillich spielt darauf an, daß Bischof Glondys durch sein Auftreten die siebenbürgisch-sächsischen Volksinteressen verletzt hat, indem er das in der Doppelgleichung Bischof-sächsisches Volk; Volksratspräsident-sächsisches Volk ausgedrückte konfessionell-politische Gleichgewicht gestört habe.

Die national-sächsische Perspektive Zillichs visiert einen weiteren Aspekt der Person von Bischof Glondys an, seine nichtsächsische Herkunft, ein wiederholter Stein des Anstoßes bei seinen Gegnern. Zillich entpuppt sich also als überheblicher Autochthonist, der den Bischof auch wegen dessen österreichischer Herkunft nicht mögen konnte.

Zillichs Stellungnahme zur Glondys-Gust-Episode des Jahres 1934 zeigt auf, daß er nicht nur auf der Seite der gemäßigten Nationalsozialisten stand, sondern auch die prinzipielle Glondys-Feindlichkeit der radikalen Nazis teilte. Es ergibt sich die Frage, ob seine Kritik an den Radikalen noch einen praktischen Wert hatte, wo er auf der innenpolitischen Front Bischof Glondys ablehnte, der die Zielscheibe der Hetz- und Verleumdungskampagnen der Radikalen war. Es entsteht der Verdacht, daß Zillichs Kritik an den Radikalen nur ein Kunstgriff war, um selbst dem Makel des Radikalismus entgehen zu können.

Zillichs politischer Standort kommt in der Festausgabe zum hundertjährigen Bestehen der Kronstädter Zeitung (24. Mai 1936, S.101) besonders klar zum Ausdruck. Über seine Monatsschrift "Klingsor" heißt es hier:

"Eine zweite geistige Bewegung setzte ein, als in Kronstadt 1924 die junge Kriegsgeneration, die inzwischen meist im Ausland auf der Hochschule gewesen war, um die Zeitschrift "K l i n g s o r" geschart, viel zeitnäher und über den Rahmen reiner Bildungsfragen hinaus, bewußt nach dem Lebenssinn auf allen Gebieten zu suchen begann und dabei auch den Boden neu aufpflügte, den einst Meschendörfer umbrochen hatte und auf dem sich unser S c h r i f t t u m ein Jahrzehnt später so schön entwickeln konnte. Dieser Kreis, dessen Organ bis heute besteht, wurde auch, wie es noch jeder Generation bei uns geschehen ist, von der Volkstumsarbeit angefordert und mündete schließlich fast ausnahmslos und nur vermindert durch einige Männer, die nach Deutschland abwanderten, in die Erneuerungsbewegung. Die geistige Leitung und Zielsetzung blieb zwischen ihnen aufrecht und trug bis heute auf fast allen Gebieten unseres kulturellen Lebens Früchte."

Zillich bringt hier klar zum Ausdruck, daß das Hauptaugenmerk des Klingsor-Kreises die "Volkstumsarbeit" war, die schließlich in der nationalsozialistisch ausgerichteten Erneuerungsbewegung des Fritz Fabritius mündete. Dieser hatte seine Bewegung im Jahr 1932 zur "Nationalsozialistischen Selbsthilfebewegung der Deutschen in Rumänien" (NSDR) zusammengefaßt, die die rumänische Regierung im Jahr 1933 wegen ihrem extremistischen Programm (Führerprinzip, rassenideologische Postulate) und wegen der aus dem Selbstinszenierungsprogramm der NSDAP entlehnten Massenauftritten verbot. Als "Nationale Erneuerungsbewegung der Deutschen in Rumänien" (NEDR) wirkte sie ab 1934 weiter.

Zillich betont im Zusammenhang mit der seit dem Kriegsende (1918) stets anwachsenden "Schicht deutscher Arbeiter und kleiner Privatbeamter" die Notwendigkeit eines "wahren sozialen Gewissens", das in der Form eines "wohlverstandenen Sozialismus der Gesinnung" deren Einreihung "in das Volksganze" verwirklichen muß.

Zillichs Aussagen über die moralischen und geistigen Wurzeln der "Erneuerungsbewegung" belegen, daß diese ihren Aufgabenkreis "in enger Fühlung mit dem Volkwerden in Deutschland" definierte, wodurch die in den letzten Jahren zu Forschungspostulaten avancierten Aussagen mancher Historiker (auch und vor allem die des Berliner Zeitgeschichtlers Günter Schödl, geäußert in: Völkischer Nationalismus im Karpatenbogen: Minderheiten oder Vorposten?", in: Ders. (Hg.), Land an der Donau, Berlin 1995, S.531-601) ins Feld der Verharmlosung und Geschichtsklitterung, also der Unwahrhaftigkeit verwiesen werden.

Zillich beschreibt die "Selbsthilfe", die Vorgängerorganisation der "Erneuerungsbewegung", als "Becken", "wo sich alle Kräfte des Volkes sammelten, die dessen Wiedergeburt und Erneuerung bei bewußter Ablehnung des kleinsächsischen, längst überholten Rahmens ersehnten."

Das Verbot der Erneuerungsbewegung als Partei deutet Zillich als Mißverständnis, das "nichtdeutsche Kreise" der "Bewegung" entgegenbrachten.

Die 1935 erfolgte Abspaltung der radikalen Nationalsozialisten von der "Erneuerungsbewegung", die als "Deutsche Volkspartei in Rumänien" (DVR) das "Volksprogramm" ablehnten, bezeichnet Zillich als gefährlich. Diese Wortwahl läßt erkennen, daß er den Schritt der Radikalen nicht ernsthaft mißbilligte.

Die nun folgenden Aussagen Zillichs über die Ergebnisse der "inneren Kämpfe für und gegen die Erneuerungsbewegung" sprechen abermals entschieden gegen das von Schödl entworfene Bild einer in "persönliche Gegensätze und lokalpolitische Reibereien, taktisches Manövrieren und Interessenkonflikte" aufgespaltenen politischen Landschaft der Siebenbürger Sachsen in den 30-er Jahren und gegen die von ebendemselben vertretene Plausibilität der These, "die Träger langdauernder und erbitterter Auseinandersetzungen hätten an sich keine konzeptionellen Alternativen propagiert" (S.552-553). Zillich schreibt: Die "inneren Kämpfe für und gegen die Erneuerungsbewegung" "waren notwendig, weil eine B e l e b u n g u n s e r e s n a t i o n a l e n u n d s o z i a l e n G e f ü h l s n o t w e n d i g w a r , weil das Z u s a m m e n s c h m e l z e n d e r d e u t s c h e n S i e d l u n g s g e b i e t e in Rumänien nur im heißen befruchtenden Wind der Auseinandersetzung und der persönlichen Angerührtheit, nur in der Begegnung von Mensch zu Mensch möglich ist und dadurch in den letzten Jahren auch außerordentlich gefördert wurde. Unser ganzes Volk ist durch diese Kämpfe für die deutsche w e l t a n s c h a u l i c h e W i e d e r g e b u r t gewonnen worden. Die J u g e n d hat daraus unzählige Antriebe zur völkischen Arbeit entnommen, vor allem den A r b e i t s d i e n s t . Wie keine andere Jugend steht sie offenen Auges im Volksganzen, mag man auch mit Einzelheiten ihrer Haltung und mit der damit verbundenen Gefahr iher parteipolitischen Verkümmerung nicht einverstanden sein." [Sperrung durch Zillich]

Zillich betrachtet die Kämpfe als besonders förderlich für das Rumäniendeutschtum, das dadurch "für die deutsche weltanschauliche Wiedergeburt gewonnen" wurde. Damit ist zweifelsohne die nationalsozialistische Ideologie gemeint. Der radikalen Jugend begegnet Zillich nicht ablehnend, sondern wohlwollend-verständnisvoll. Diese Einstellung hatte er bereits 1934 im Disput um den Radikalen Waldemar Gust und Bischof Glondys bekundet.

Die weiteren Ausführungen Zillichs belegen, daß er die politischen Entwicklungsperspektiven trotz der Abspaltung der DVR als positiv einschätzt. Die Grundlage bildet die solidarisch aufgebaute Volksgemeinschaft. Dieses Bewußtsein muß allerdings "immer wieder hindurch gerettet werden." Deshalb erkennt Zillich, daß die Zukunft Kampf bedeutet, "gleich unserer Vergangenheit, aber ein Kampf auf neugepflügtem Acker."

Zillich betont, daß dieser Kampf "auf keinen Fall in u n s e r e K i r c h e getragen werden" darf, weil dadurch die "nur auf Freiwilligkeit beruhende Gesamtheit in ihrem Zusammenhang gefährdet" wird. Doch muß die Kirche auch religiös wieder zur Heimstätte des Volkes werden. Die folgende Aussage steht mit seiner Stellungnahme gegen das Verhalten von Bischof Glondys im Einklang: "Es wäre ein Fluch, wenn sich Restbestände alter, verbrauchter Cliquen, deren Lebensregel kaum mehr ist als Taktik, in der Kirche ein Asyl für die Wahrung ihrer Sonderinteressen einrichten und damit unser Volk in Gegensatz zum Glauben selbst brächte. In diesem sehr tiefen Sinne brauchen wir in der Kirche R e f o r m a t i o n . Und an dieser Reformation wird sich unser Volksbestand ebenso entscheiden, wie daran, ob wir völkisch wach, sozial pflichtbewußt, und volksdiszipliniert bleiben!"

Es ist allerdings ein Rätsel, wie sich Zillich diese Kirchenreform vorstellte, ohne dabei die Einheitlichkeit der Kirche zu gefährden, also diese des Kampfes auszunehmen, zumal gerade in den Vormonaten des Jahres 1936 - Zillich verfaßte seinen Beitrag Anfang Mai - das Landeskonsitorium den kirchlichen Angestellten parteipolitische Aktivitäten grundsätzlich verboten hatte und die Verweigerer über Disziplinarverfahren zu entlassen begann.


Mosaik Heinrich Zillich

zusammengestellt von Klaus Popa

Zillich, die bundesrepublikanische Medienlandschaft und die "Ruhmlosigkeit" der Gegenwart

Südostdeutsche Vierteljahresblätter (Sodt. Vjbl.) 4/1965, S.255: "Doch denkt man an die heute vorherrschenden Autoren der Kleinbürgerlichkeit Böll und Graß oder gar an das buchhalterische Gestammel Johnsons [...]"

Sodt. Vjbl. 2/1968, S.83: "die bis heute andauernde Cliquenwirtschaft übers westdeutsche literarische Leben. [...] Auch mir bescherte die Clique Not und Verleumdung. [...]. Die neuen Meinungsdiktatoren beschuldigen mich wegen eines Gedichts, das ich in der Freude über Österreichs Anschluß ans Reich geschrieben, ferner zweier großer Preise und des Ehrendoktorats, die ich 1937 empfangen hatte. Was innerhalb 1933 und 1945 geschah, mußte ja teuflisch gewesen sein; eine Ehrung literarischer Leistungen konnte es gar nicht gegeben haben. Es gab sie doch. Mein dreifach prämiertes Buch, dessen Handlung 1919 endet, ficht übrigens für die Völkereintracht! [...]"

Sodt. Vjbl. 3/1970, S.213, Rezension von Heinrich Böll, Gruppenbild mit Dame:

"[...] Böll [...] ist ein Raunzer, der literarische Hans Moser, ein Kleinbürger, doch keiner im heilen idyllischen Sinn Spitzwegs, sondern aus den Hinterhöfen her, die er liebt; [...]" "Der Roman sucht vermutlich unsere Zeit seit etwa 1900 bis zur Gegenwart darzustellen. Doch wenn Böll daran vorübergeht, daß Millionen Menschen aller Völker für das Ihre zu fallen wußten und dieses Opfer als selbstverständlich und nötig empfanden, und wenn er statt dessen Deserteure mag, das Nichtige, Groteske oder Gemeine bevorzugt, bloß wenige Personen mit anständigen Regungen beschreibt, beschränkt er sich auf einen sehr kleinen Bereich unseres Jahrhunderts und geht über die meisten Menschen, die sich anders verhalten, hinweg, was er bestimmt nicht ohne Verachtung und Überheblichkeit tut, eben kleinbürgerlich.

Am Ende der zuletzt langweilenden Lektüre zuckt man die Achsel. Auf seine politischen Ansichten einzugehen, erübrigt sich. Dieser Mann ist - welch eine Zeit! - Präsident des Internationalen Penklubs."

Sodt. Vjbl. 3/1974, S.192f.: (Titel: Grundgesetz - Meinungsfreiheit - Ostpolitik - Landsmannschaften): "1. Trotz Meinungsfreiheit macht eine Gruppe von Leuten, die von den fremden Siegern einst gefördert wurden und sich immer noch fortpflanzen, in gar zu großem Ausmaß die veröffentlichte Meinung und gebietet über die "Massenmedien", also über Presse, Hörfunk und Sehfunk. Zwar darf, wer ihre Ansichten nicht teilt, sich in Büchern und Aufsätzen, freilich kaum jemals durch Sender, äußern. Es ist aber dafür gesorgt, daß er bloß einen winzigen Kreis ansprechen kann. Die Folgen sind handgreiflich: nationales Selbstbewußtsein und Ehrgefühl als jedermann verpflichtende Werte sind weithin verblaßt, weil sie von den "Massenmedien" belächelt werden, seit 25 Jahren.

Damit hängt es zusammen, daß Rauschgift, jugendliche Verlotterung, studentischer Terror, Frechheit der Demagogen, Sprachverdorrung und das überwunden geglaubte: der Klassenkampf, sich verbreiten - wider die eigentliche Gesinnung der Volksmehrheit. Die in letzter Zeit erkämpften Lohnerhöhungen - die Preise, beeinflußt auch vom Welthandel, stiegen mit -verursachten Inflation und Wirtschaftskrise." [Horrorszenario]

Der Ruhmlosen Rache

Von Heinrich Zillich

Ruhig im Grabe nur schlafen, die ruhmlos gelebt,
gnädigen Lohnes gewärtig: vergessen zu werden,
ehe die Kränze zerfallen. Wie Tropfen das Meer
schlingt sie das Schweigen hinunter, und niemals ertönt
Echo herauf von der Toten gewaltigem Nichtsein.

Schleudert der Andrang des Nichts doch ein Wogen empor,
stöhnend vor Enge, die Brandung gestauten Vergessens,
hör- und eräugbar ja nicht, aber Gott offenbar?
Viel mag geschehen dort unten, was alles nicht ist.

Aber euch andre, euch Große, wird schänden der Haß!
Euch, die des Ruhmes Geliebte gewesen und bleibt es,
Kaisern des Reiches, euch Helden der Schlachten, Gebietern
gültiger Sprache, euch bauenden Meistern und Gottes
nimmer gesättigten Kündern, euch allen, den Hehren,
euch, deren Leib ward gebettet in Grüfte aus Marmor,
keinem ist ruhig im Erzsarg zu schlafen gewährt!

Längst ist bestimmt euch der Tag, wenn die Nichtigen geil
wälzen den Rammbock heran, euch Verhaßte zu graben
aus dem zersplitternden Marmor. Geläute geborstenen
Erzes umdröhnt euch, die plötzlich zur Sonne empor
grinsen mit lorbeerumwundenen Schädeln, und Staub
wolkt aus dem Purpur, der zischend zerreißt, wenn ein Bettler
johlend ins Volk euer dürftig Gerippe verstreut.

Dies ist der Ruhmlosen Rache am Hohen: Gesetz,
immer vollzogen und immer vergeblich! Denn Ruhm
wächst durch die Schandtat der blinden Zerstörer. Sein Glanz
scheucht sie hinweg. Und der Ehrsinn erstarkt. Wie ein Brot
nährt er, was heftig im Volk und erneut dessen Rang.

Wo nicht das Rühmliche heimisch, verdämmert ein Volk;
Leichen nur zeugt es; Geschrei bleibt sein Streben. Doch Leid
rüttelt es wach, wenn die Tore des Landes sich morsch
gierigen Nachbaren öffnen. Da springts durch die Bresche,
schändet die Frauen und kettet die Männer ins Joch,
sprengt ihre Dome. Den Götzen der Sümpfe erlodern
düster die falschen Altäre beim Kniefall der Lügner.

Dies ist gesetzt! und immer vollzieht sichs am Großen,
immer vergeblich! Im Frührot erhebt sich der Kaiser
jählings und schleudert ins Nichts, wer zur Macht sich erfrechte.

(Sodt. Vjbl. 3/1975, S.200)

Zur Rezeptionsgeschichte von Zillichs Prosa

Sodt. Vjbl. 2/1968, S.86f.: "Nach Kriegsende saß er, ein Generalstabsmajor, im Gefangenenlager Moosburg, wo man die deutschen Offiziere gemein behandelte. Mein Roman "Der Weizenstrauß", den einer mithatte, wurde immer aufs neue gelesen. Die erbitterten Männer fanden trotzig Trost an einer Stelle des Buches, die er mir im Wortlaut wiedergab: "Zeiten gab es einst, da senkte der Sieger den Degen vor dem Unterlegenen, nun sind sie vorbei!" und diese auch:

"1919 saßen nicht große Metternichs, nicht süßduftende Kaunitze, kein maßloser Napoleon, sondern Spießbürger, rachsüchtige Greise, beisammen aus London, Washington und Paris, ohne eine Kugel pfeifen gehört zu haben. Die schlossen Frieden und spuckten den Besiegten ins Gesicht." Die drei Sätze hielt der Major dem amerikanischen Lagerkommandanten einmal vor die Nase. Dafür mußten er und ein Oberstleutnant eine Nacht lang in einem Keller stehen, in welchem man langsam Wasser hochsteigen lassen konnte bis zum Bauch der Gefolterten, manchmal höher. Den Major konnte dies nicht erschüttern. Für ihn war das Wort, daß es einst Sieger gab, die vor dem Unterlegenen den Degen senkten, eine Stärkung, weil er erkannte, was seinen Quälern zur Ehre des Sieges fehlte.
Dafür dankte er mir. [...]"

Austriazismus und südöstliches Soldatentum

Sodt. Vjbl. 3/1968, S.151: "[...] wiegt Österreichs Leistung im Südosten schwer. In einem Jahrhundert, in dem die schwächsten Völker von Unabhängigkeit träumten, die sie nie hätten verteidigen können, blieb Wien für den Donauraum bis 1918 maßgebend. Es hatte hier seit der Türkenvertreibung alle Völker geprägt; sie sprachen seine kulturelle Sprache; das Deutsche hatte durch Blut, Stadtbau und Lebensstil, durch Siedlungen und Erziehung den Vielvölkerblock selbst gegen dessen sprengende Kräfte so fest zusammengemauert, daß er, zur Auflösung schon bestimmt, nach 1914 noch vier Jahre an Deutschlands Seite kämpfte und mit diesem - recht betrachtet - jetzt endlich wieder das Reich bildete. Die Formung des Südostens aber verkörperte sich auch in dessen Soldatentum, sogar in jener Untergangszeit."

Zillich über Hitler

Sodt. Vjbl. 3/1968, S.157: "[...] der Versuch Hitlers, das Abendland umzugestalten, wobei er scheiterte, weil er zwar Genie, aber kein Rechtsgefühl hatte und zuletzt krankhaft maßlos war. Es ist aber nicht allein seine Schuld, daß Europa bis heute nicht zur Ruhe und zu jener rechten Geschlossenheit kommt, die es zur Weltmacht erhöhen könnte."

Sodt. Vjbl. 3/1968, S.216: "[...] und Hitler, dessen Herrschaft eine unerhörte Kraftäußerung der Deutschen hervorrief, doch durch ideologische Verranntheit und Maßlosigkeit und Völkermord die Katastrophe Europas ungeheuer vergrößerte."

Sodt. Vjbl. 4/1976, S.310f.: Besprechung von Dr. Henry Picker, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier "[...] Um die [...] jüngste Geschichte Europas mit offenen Augen zu betrachten und dabei zur Wahrheit vorzustoßen, soweit das überhaupt möglich ist, muß man den ungeheueren und ungeheuerlichen Mann zu sehen versuchen, wie er wirklich war. Dazu bietet Picker, der seinem Gefolge angehörte, mit den Aufzeichnungen der abendlichen Gespräche des "Chefs" das wohl geeigneteste Mittel. Worüber sich Hitler Gedanken machte, kann keine Buchanzeige auch bloß andeuten. Kaum ein Gebiet des Lebens, der Politik, der praktischen und sozialen Wirtschaft. der Kriegsführung und der Leidenschaft, dem eigenen Volk eine Zukunft zu sichern, wie er sie für wertvoll hielt, bleibt von ihm unerwähnt; was immer er vorbringt, zwingt zum Mitdenken, zum Urteilen, auch zur Beurteilung Hitlers. [...] Er, der unser Volk zuletzt in Unheil zog, steht in den hier gesammelten Selbstzeugnissen erregend nah vor uns. Noch Jahrhunderte lang werden sie die Menschen beschäftigen, denn auf eine Formel läßt er sich nicht bringen."

Das Volk in Zillichs Sicht

Sodt. Vjbl. 2/1970, S.9: "Kein Wort über die unaufhörliche Sorge um das Abendland und sein Herzvolk, das auf 17 europäische Staaten zerteilt ist! Ein friedliches Zusammenleben der Völker unseres Erdteils hängt ab vom Verständnis füreinander, vom verwirklichten Recht auf Selbstbestimmung und Eigenständigkeit für alle, was unbedingte Treue zum eigenen Volk voraussetzt. Das war von jeher meine Überzeugung. Mag ich auch oft geirrt haben, hierin nicht." (Aus Zillichs Rede anläßlich der Verleihung des Mozart-Preises 1970 am 21. Februar in Innsbruck).

Sodt. Vjbl. 1/1980, S.8: "Seit der Französischen Revolution hat man überall die Idee von der Staatsnation aufgegriffen, was zumeist bedeutet, daß jeder Staatsbürger sich vom Volkstum der Mehrheit aufsaugen lassen müsse. Eine wahnwitzige Zumutung! Dadurch aber wurde das Volkstum seiner selbst bewußt. Das Volksgefühl wird siegen, weil es uns von Gott eingepflanzt ist."

Sodt. Vjbl. 1/1982, S.75: Die Herausgeber meinen "stets das ganze, in mehreren Ländern lebende deutsche Volk" und fühlen "es als unsere verpflichtende Urgebundenheit", "nicht die Staatsnation [...]. Diese Haltung teilen heute leider nicht alle Binnendeutschen und verraten damit ihr Volk."

Sodt. Vjbl. 1/1975, S.72: Zillich bespricht Wolfgang Miege, Das Dritte Reich und die Deutsche Volksgruppe in Rumänien 1933 bis 1938, Bern-Frankfurt 1972. "[...] Erst als auf Drängen ihrer (der dt. Volksgruppe) zerstrittenen Teile Berlin sich genötigt sah, einzugreifen, kam es zu solchen Maßnahmen, die dann 1940, also später, als Mieges Arbeit reicht, zu unmittelbaren Befehlen führten. Nicht Berlin, sondern die Deutschen Rumäniens suchten die Verbindung zueinander, und dabei spielte stets die Absicht mit, reichsdeutsche Unterstützungen zu erlangen."
"Für jeden Auslanddeutschen ist's ärgerlich, daß Miege das Rumäniendeutschtum immer wieder "die Minderheit" heißt, eine Terminologie, die niemals verwendet wurde, wenn man bestimmte nationale Gruppen Rumäniens bezeichnete, und die heute unter den Kommunisten als herabsetzend sogar verboten ist.
Unbegreiflich, warum er nicht das Wort "Volksgruppe" gebrauchte wie jeder andere. [...]"

Sodt. Vjbl. 2/1975, S.142: "Das diktatorische Auftreten dieser Amtswalter (der Volksgruppe unter Andreas Schmidt), von denen gewiß viele tüchtig waren, bewies dennoch, wie schädlich sich das Führerprinzip gerade im Volksdeutschtum auswirkt, besonders wenn Jugend und Unreife mitspielen. Diese bezahlten Volksbeamten - derlei gab es vorher so nicht - reizten die Rumänen ständig, schon weil sie Uniformen trugen, bloß um reichsdeutsche Zustände nachzuahmen. Das Volk, in dessen Namen das geschah, wurde nie befragt; es hatte zu gehorchen; [...]"

Deutsche Sendung - europäische Sendung
Zillichs Europaverständnis

"Sie (die Deutschen in Rumänien) als Vorposten Europas im Osten geben ununterbrochen dem Kampf gegen die Restbestände byzantinischen Geistes Nahrung. In dem gärenden Balkan, der sich seit Jahrzehnten zu europäisieren bemüht und aus verschiedenen Gründen noch immer weit davon entfernt ist, moralisch und geistig die westliche Höhe zu erreichen, sind die deutschen Ostsiedler die ungewollten Vorbilder, das Beispiel eines Lebens auf höherer Ebene." S. 147

"[...] daß zwei größere deutsche Siedlungsblöcke, der siebenbürgische und der im Banat, bewußt national gerichtet, in Rumänien eingingen. Außerdem schließen sich ihnen - auch politisch mitvereinigt in einer deutschen Partei - deutsche Siedlungsgruppen in der Bukowina, in Bessarabien und in der Dobrudscha an, die alle zusammen dem kulturellen Kampf zwischen West und Ost als durch Geburt und Art schärfste Exponenten Europas dienen." S.148.

"Auf den deutschen Minderheiten ruht zum großen Teil das Vordringen europäischen Geistes in Rumänien. Denn es kommt nicht um den Wissensstoff an, den die rumänischen Universitäten besser vertreiben, sondern auf das europäische Wesen. Die Deutschen leben es in verschiedenen Landesteilen gleichsam von verschiedenen Burgen aus beispielgebend vor."S.149.

Aus: Die kulturelle Aufgabe der Deutschen in Rumänien, in: Zeitschrift für Geopolitik, VI.Jg., 2. Heft/Febr. 1929.

"Man wird für eine bestimmte Aufgabe geboren. Unsere Vorfahren regierten jahrhundertelang die deutsche Provinz Siebenbürgens und brachten es fertig, hier ewig bedroht eine europäische Ordnung zu halten [...]

Aus: Der Weitzenstrauß, München 1938 (Roman), S.55.

"Diszipliniert, rechtschaffen, oft schwerfällig, wenngleich nicht ohne Leidenschaft, zäh in allen Lebenslagen, übten die Sachsen die Künste der Politik sehr beweglich und nüchtern, gleich den großen Stadtrepubliken des Mittelalters. Sie hatten die europäische Grenze zu ertragen. [...]" S.16.

"Als dann die Großen der Erde in Potsdam beschlossen, die europäische Grenze durch Vertreibung von 15 Millionen Ostdeutschen fast 1000 Kilometer zurückzuziehen, da sprengten drei Unterschriften - wer weiß, für wie lange! - alles, was Deutsche, von der Christenheit gefördert, von den Ostvölkern selbst gerufen, dort in 12 Jahrhunderten zum Wohle des Abendlandes geschaffen hatten. Kein Geschehnis ist diesem vergleichbar, das die Fundamente Europas und Amerikas fortdauernd erschüttert. [...]" S.36f

Aus: Schicksalsweg der Siebenbürger Sachsen, München 1969

"In den Jahrtausenden, seitdem sich Europa und Germanentum vermählt hatten, erwuchs aus diesem Herzraum langsam durch Zeiten des Glanzes und des Verfalls das abendländische Gewissen, das schon über elf Jahrhunderte die Deutschen und ihr Reich in besonderer Pflicht hält und ihnen als geschichtlichen Auftrag den Dienst für das Abendland aufbürdet. [...]"
"Besondere Bedeutung gewannen in dieser Schicksalsvereinigung Europas mit den Deutschen jene Teile unseres Volkes, die, zu schöpferischer Leistung meist ausdrücklich gerufen, in den Osten herauswanderten und dort eine neue Heimat erwarben. Auch sie dienten der Aufgabe, Europa und dessen Werte den übrigen Völkern des Erdteils vorzuleben und zu vermitteln. Sie schützten damit das Abendland, sie halfen seiner Ausbreitung und Erhöhung."
"Darf es schon als bedeutende Tat gelten, ein Land von der Größe Bayerns für das Lebensgesetz Europas zu gewinnen, so müssen freilich noch andere Gesichtspunkte betrachtet werden, um die Einzigartigkeit dieses Geschehens in Siebenbürgen hervorzuheben."S.4.

"Die nach der Türkenvertreibung geschaffene Verklammerung Ungarns und Siebenbürgens mit der binnendeutschen Welt verhinderte zweihundertfünfzig Jahre jeglichen Vorstoß des Ostens auf Europa. [...]" S.73.

Unter Metternich wirkte noch einmal, geführt vom ungeschwächten österreichischen Kaisertum, das verbündete Reichsganze und schützte die Völkerfamilie des mitumfaßten benachbarten Ostens, wo sich in den "stillen Jahren" der ideelle Anschluß der Madjaren ans Abendland ebenso vollendete wie ihre nationale Gärung und sich die Europäisierung der Slawen und Rumänen beschleunigte." S.79.

"Es dämmerte hier eine böse Tyrannei auf, die dem 19. Jahrhundert im europäischen Osten das Gepräge geben sollte. Sie stammte aus der Französischen Revolution, die als Nation die Summe der Staatsbürger verstand. Sie leugnete die Eigenständigkeit der Völker und versündigte sich damit gegen das von Gott Geschaffene. Sie konnte in volkhaft verzahnten Gebieten nur zerstören und trug zur Katastrophe Europas durch die Verblendung, die eigene Nation auf solche Weise stärken zu wollen, durch die Empörung, die sie auslöste, durch die Knechtung, die sie ausübte, entscheidend bei." S.80.

"Überzeugt, der deutschen und europäischen Sache zu dienen, standen die wehrfähigen Sachsen (Siebenbürgens) während des ersten Weltkriegs an der Front, viele als hohe Offiziere; [...]" S.87.

Die Monatsschrift "Klingsor" "war der Ausdruck eines neuen Lebensgefühls und focht für die innere Genesung der Gemeinschaft, überschritt aber die heimatliche Enge und wußte sich dem gesamten deutschen Volk ebenso verantwortlich wie dem abendländischen Gedanken; sie förderte daher auch die Eintracht der Völker Rumäniens, aus deren Reihen sie viele Mitarbeiter gewann." S.90.

Aus: Siebenbürgen. Ein abendländisches Schicksal, Königstein im Taunus 1982


Mystifizierungen

Ein Siebenbürger Opfer der Siegerjustiz

Dr. med. Fritz Klein

Werner Otto von Hentig war jener junge deutsche Diplomat, der im Ersten Weltkrieg versucht hatte, geheim in Indien den Widerstand gegen England anzufachen, und dem dann eine beispiellos kühne Flucht quer durch Asien bis zum Stiflen Ozean gelang, worauf er über Amerika in die Heimat zurückkehrte. Diese Abenteuer und sein weiteres Leben schilderte er im Buch "Mein Leben eine Dienstreise" (Göttingen, 1962 - siehe die Besprechung in unserem Heft 1/1964, S. 64). In den Erinnerungen erwähnt er, daß er 1945 als Mitarbeiter im Evangelischen Außenamt einen Siebenbürger Sachsen zu retten bemüht war, den die Sieger unbedingt henken wollten, weil er Arzt im Konzentrationslager Auschwitz gewesen war, wo er sich aber, wie von Hentig schreibt, "unter großen persönlichen Gefahren menschlich und ärztlich verdient gemacht hatte". Hentigs Fürsprache, "mit der letzten Überzeugungskraft vorgetragen", blieb erfolglos: "Der absolut und nachweisbar Unschuldige mußte sterben".

Dieses Opfer der Nachkriegsjustiz war Dr. Fritz Klein aus Brenndorf bei Kronstadt. Nachdem man ihn in Lüneburg gehenkt hatte, schrieb Pfarrer Dr. Richard Graeve seinem Amtsbruder in Rostock, er möge der dort lebenden Schwester des Hingerichteten dessen letzten Gruß übermitteln: "Ich durfte ihm bis zuletzt beistehen. Nach dem Empfang des hl. Abendmahles ist er sehr tapfer in den Tod gegangen. Als man ihm um 12 Uhr noch zu essen anbot, sagte er. Nein, ich habe das Abendmahl genommen, in einer halben Stunde habe ich alles überstanden! Oft gedachte er seiner Schwester, der ich bitte meine aufrichtige Teilnahme auszusprechen, er ruhe in Frieden!"

Der letzte Brief Dr. Fritz Kleins, gerichtet an seine Mutter, Frau und Geschwister, geschrieben im Landesgerichtsgefängnis Lüneburg am 18. November 1945, hat folgenden Wortlaut:

"Nach langem, unheimlichen Schweigen will ich Euch letzte Nachricht geben von mir, Abschied nehmen von Euch. In diesem großen Augenblicke, kurz vor meinem Tode, erfüllt mich nichts anderes als ein tiefes Dankesgefühl für all die Liebe und Güte, für die vielen kleinen und großen Freuden, die ich mit Euch und durch Euch erleben durfte. Unser Zusammensein im Familienkreise war im großen und ganzen recht ausgiebiger, warmer, heller Sonnenschein, wenn auch die Farben grau und schwarz dabei nicht gefehlt haben. - Nehmt vielen innigen Dank für alles! -

Und die schönen Stunden der Arbeit, des Dienens und Helfens im Berufe, des Kämpfens und Wirkens im Dienste meines Volkes zähle ich zu den höchsten, heiligsten meines Lebens.

So bin ich denn froh und stolz, daß ein scheinbar grausames Schicksal mich auserwählt hat, als Opfer für mein heißgeliebtes Volk, für mein aufrechtes Deutschtum zu sterben.

Wie Ihr meine Lieben, aus Radio und Zeitungen wohl schon erfahren habt, ist gestern im Lüneburger Prozesse das Urteil gesprochen worden und es heißt für mich: >Tod durch den Strang<.

Laßt den Kopf nicht hängen, ich bitte Euch! Tragt ihn viel mehr aufrecht, klagt nicht, weint nicht! Millionen Opfer hat der Krieg verlangt. Warum soll nicht auch eins aus unserer engsten Familie darunter sein? Und was die außergewöhnliche Art des Sterbens anbelangt, stoßt Euch nicht daran! Ich halte meinen Tod für ebenso ehrenvoll, als wenn ich an der Front, vor dem Feinde in der ersten Linie gefallen wäre.

Macht Euch keine Sorgen um mich! Ich werde furchtlos tapfer und treu sein bis zum letzten Atemzuge. Seid versichert, ich fühle mich schuldlos, habe immer und in allem nur meine Pflicht getan, erhaltene Befehle durchgeführt und fürchte darum den Tod nicht, glaubt es mir! Ich will ihn ruhig erwarten. >Lieber mit der Wahrheit fallen, denn mit der Lüge siegen. Wer mit der Wahrheit fällt, fällt in Gottes Arme<.

Ich hätte ja gerne mit Euch, meine Lieben, noch einige Jahre zusammengelebt, bin aber ebenso gern bereit, für mein deutsches Volk zu sterben, wenn es sein soll. -

Schwer und dornenvoll wird Euer Weg sein. Verzagt nicht, wenn Euch das Leben unerträglich dünkt! Der Mensch hält unglaublich viel aus, wenn er nur richtig will. Werdet, seid und bleibt nur einig, einig! Die Not muß ganz, ganz groß sein, die unser >stirb oder werde!< bewirkt, eine große heilige Not, aus der die neue deutsche Zukunft geboren wird. Die Freiheit fällt nicht vom Himmel, sie will verdient, hart und zäh erkämpft werden. So wünsche ich Euch denn Gesundheit, einen starken Glauben, Kraft, Ausdauer, Treue, vor allem aber Einigkeit, dann wird auch der liebe Gott den Erfolg nicht versagen. Seid recht innig, herzlich umarmt und geküßt. Grüßt mir alle Freunde, Bekannten, und nehmt als meine letzten Worte den Ausspruch von Fichte:

Du sollst an Deutschlands Zukunft glauben
An Deines Volkes Auferstehen!
Laß diesen Glauben dir nicht rauben
Was immer, immer mag geschehen!
Und handeln sollst du so, als hinge
Von dir und deinem Tun allein
Das Schicksal ab der höchsten Dinge
Und die Verantwortung wäre dein ...

Dein Bruder Fritz"

Den Wortlaut dieses Abschiedsbriefes empfing ich, wie auch den des Briefes des Pastors Graeve, von Dr. Kleins Verwandtem, meinem Freund Professor Dr. Hans Kaufmes, in einem der letzten, vor seinem Tod mir aus Corvallis in Nord-Amerika geschickten Schreiben, natürlich um Kleins letzte Worte zu geeigneter Stunde zu veröffentlichen, was hiermit geschieht. Siehe auch meinen Nachruf für Kaufmes in Heft 2/ 1972, Seite 119-121.

Heinrich Zillich

Aus: Südostdeutsche Vierteljahresblätter, Folge 1/1981, S.46f.
 


Abschied von Heinrich Zillich

Am 22. Mai 1988 starb einen Tag vor Vollendung des 90. Lebensjahres der bedeutende Sohn Kronstadts und Siebenbürgens Dr. Dr.h.c. Heinrich Zillich. Am 26. Mai wurde er in Starnberg bei München, wo er mit seiner Familie seit rund 50 Jahren lebte, beerdigt. Über seine verdienstvolle Tätigkeit im landsmannschaftlichen Bereich sprach dabei Dr. Wolfgang Bonfert, über sein literarisches Schaffen Dr. Wilhelm Bruckner. Wir lassen die Traueransprache Dr. Bruckners hier gekürzt folgen.

,,Feierte man ein Fest oder war ein berühmter Mann gestorben, dann begann die Große Glocke, die beim täglichen Läuten schwieg, ihre dunkeln, weitausschwingenden Töne hinauszuwogen. . . Einer sprach in allen Familien immer dann: Die Große Glocke!"
In dieser Stunde, in der wir, was sterblich an Heinrich Zillich war, der Erde übergeben, trägt uns die Erinnerung an das von ihm dargestellte Geläute von Kronstadts Schwarzer Kirche weit weg von hier, und wir vernehmen es nur in unserem Inneren, mächtig und laut, das einem der treuesten Söhne der Stadt den letzten Gruß auf seinem letzten Weg zuruft. Wir sagen ,,dem treuen Sohn Kronstadts" und meinen die Liebe, die ihn mit dieser Stadt verband, die in seinem dichterischen Werk so oft Gestalt gewinnt und in die er in Gedanken an Kindheit und Jugend auch später immer wieder zurückkehrte.
Wie sein Leben von den Ereignissen der Zeit, der ,,Epoche der Entscheidungen", bestimmt wurde, hat er in seinem literarischen Schaffen wie in seinem politischen Wirken formend an ihr mitgestaltet und hat auf siebenbürgisch-sächsischer, auf südostdeutscher Ebene, letztlich im deutschen Bereich dazu beigetragen, daß Unsichtbares und Unklares Profil gewann und im Sinne der besten Traditionen diesseits und jenseits der deutschen Grenzen lebendig blieb.
Heinrich Zillich war ein Mensch, den die Götter liebten. In großbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen, konnte er schon in jungen Jahren seine Fähigkeiten entwickeln und zog ins Feld, wo er Mannhaftigkeit und Mut bewähren konnte. Die Fülle der großen Gaben, die die Schöpfung ihm verliehen hatte, wurden ihm Verpflichtung und Auftrag. Er hat mit seinen Erzählungen und Romanen, die jene Lebensverhältnisse - vor allem in seiner Heimat - schildern, die im Zwischenkriegseuropa alle Deutschen bewegten, Pfeiler gesetzt, bestimmt, durch inneres Sich-selbst-finden der Gleichgültigkeit, der Verzweiflung entgegenzuwirken, die seit dem verlorenen Ersten Weltkrieg und seit Spenglers ,,Untergang des Abendlandes" viele ergriffen hatte. Die Werte dieses Abendlandes zu wecken, wurde ihm zur Lebensaufgabe, die er von frühen ersten dichterischen Versuchen an bis zur Stunde, da er für immer die Feder aus der Hand legte, mit dem ganzen Gewicht seiner Persönlichkeit wahrnahm.

Der Durchbruch zum Leserpublikum in Deutschland ist ihm als erstem Siebenbürger Sachsen unseres Jahrhunderts gelungen. Seine Schau, seine Sprache, die Form seiner Darstellung machten jeden einzelnen seiner Sätze zum Kunstwerk. Das vor allem sicherte seinen Büchern Verbreitung weit über das Karpatenland hinaus. So hat er die Siebenbürger Sachsen, ihr Wesen, ihre Sorgen den Deutschen im Reich bekanntmachen können und durch seine Bücher nicht nur das Selbstbewußtsein der Landsleute gestärkt, sondern auch ein Echo in der geistigen Welt Deutschlands gefunden.
Das Suchen nach neuen Wegen - in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts durchaus nicht auf Siebenbürgen beschränkt -vollzog sich für Zillich und seinen Kreis meist aus dem Krieg heimgekehrter junger Männer in der von ihm gegründeten und redigierten Zeitschrift ,,Klingsor". Sie wurde der aus dem Siebenbürger Sachsentum hervorgegangene Ort kultureller, mitunter politischer Begegnung, an dem auch die Vertreter der anderen Nationen des Landes mit ihren Veröffentlichungen willkommen waren.
Wenn Thomas Mann das Erscheinen dieser Zeitschrift begrüßte, wenn Josef Weinheber hier seine ersten Gedichte veröffentlichte, ahnen wir, welch hohen Rang ihr Heinrich Zillich zu geben vermochte. Freundschaften, die im ,,Klingsor"-Kreis geschlossen wurden, haben in vielen Fällen ein Menschenleben lang gedauert. Karl Kurt Klein bekannte, er habe sich von Heinrich Zillich stets am besten verstanden gefühlt.
Zillich war es, der schon vor der Gründung der Landsmannschaft den Zusammenschluß der Unseren förderte. Kaum einer, der es nicht miterlebte, vermag es heute zu ermessen, was es damals im besiegten, zerbombten, hungernden Deutschland für uns bedeutete, einen Heinrich Zillich zu haben.
Unserer Unsicherheit bei der Entscheidung über die eigene Zukunft begegnete in jener verworrenen Zeit Heinrich Zillich in seiner Rede 1950 aus Anlaß der Einwanderung der Siebenbürger Sachsen ins Karpatenland vor 800 Jahren: ,,Wir sind so verwurzelt ins Abendland, sagte er, "daß wir das Wunder einer Auferstehung abwarten wollen... Vor dem Tatarenpaß daheim liegt die Gemeinde Tartlau, geschart um die größte Kirchenburg der Welt. Fünfzigmal in fünfhundert Jahren äscherten Feinde den Ort ein, fünfzigmal stieg er wieder empor. Laßt uns Tartlauer Bauern sein, hoffen und schaffen, warten und glauben."
Zillich hat der Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland im Sinne der Traditionen der Vorväter jenen Zusammenhalt nahegebracht, den sie zur Verwirklichung der eigenen Lebensinteressen ebenso benötigte wie zur Hilfe der damals und vielfach heute noch im Karpatenland verbliebenen Stammesgenossen. Längst lag die Führung der Sachsen in Deutschland bei ihm, als er zu deren Sprecher und Vorsitzenden gewählt wurde. Seine Mitarbeiter von damals, für die heute hier zu sprechen und von dem teuren Toten Abschied zu nehmen mein Anliegen ist, lernten ihn, dessen politische Aktivitäten in der Heimat sich durchaus nicht nur auf seine Mitwirkung beim letzten Sachsentag beschränkten, als Ritter ohne Furcht und Tadel auch auf politischem Boden kennen, als immer jugendlich-kämpferischen Menschen - er blieb es bis zuletzt -, dessen Toleranz gegenüber Andersdenkenden schon in seinen jungen Jahren einer seiner achtungggebietenden Charakterzüge war. Vorbild für andere seit der Zeit als Präfekt des Coetus Honteri, blieb er in den weiteren mehr als 70 Jahren seines Lebens.
Was einmal im ,, Klingsor" begonnen hatte, fand seine Fortsetzung in Deutschland in den ,,Südostdeutschen Vierteljahresblättern". Heinrich Zillich hat ihnen bis in sein 82. Lebensjahr Gestalt gegeben. Ein neuer Leserkreis, vielfach aus neuen Generationen, lernte die Gestaltungskraft, die Ausstrahlung Heinrich Zillichs als Schriftsteller und Redakteur kennen. Ihm war Rüstigkeit auch im letzten Lebensjahrzehnt gegeben. Noch im März d. J. führten wir ein anregendes - das letzte - Gespräch miteinander.
Der Mann, den wir zu Grabe tragen, ist dreimal - ostdeutsches Schicksal - in verschiedenen Uniformen ins Feld gezogen und hat tausendmal dem Tod ins Auge geschaut, hat Tausende sterben gesehen. Das Stirb und Werde des Menschen und der Natur war ihm nicht fremd. Dort, wo andere Dichter in ihren Herbstliedern das bunte Laub, die Jagd, die Wanderwege in einsamen Parks besingen, ziehen in Heinrich Zillichs ,,Herbstlichem Abendlied", das Bild und philosophisches Nachsinnen zugleich ist, die Augen wie blind-gewordene Vögel in die Ferne hinaus, und die Flüsse schwemmen das Dunkel herein in das rote Herz. Ins ewig fremde Geschehen fühlt sich der Dichter getragen, und er empfindet das
"Wunder des Lebens, größer als Denken und Fühlen, das sich im Tode enthüllt, wenn es sich selbst überwunden!"
Heinrich Zillich, daseinsverbunden, in eine Welt mit unzähligen Wundern hineingestellt, hat sich mit allem auseinandergesetzt, auch - wie in diesen Versen - mit dem Tod.
Und aus der Enge des irdischen Daseins empfindet er ihn als den Weg in die andere Welt, die Welt der Freien, die in dem mittelalterlichen siebenbürgisch-sächsischen Gedicht ,,Der Tod" besungen wird, von dem er selbst sagt, es sei von einer ,,ungebrochenen Volkskraft, deren heroische Schicksalsgläubigkeit... keiner Angst vor (dem) Jüngsten Gericht Raum ließ";

"Scheiden will ich aus der Welt, fahren will ich zu den Freien."

Nun ist er bei den Freien.

Und uns verbleibt, ihm nachzueifern in der Lauterkeit seiner Gesinnung, sein Wollen den Nachfolgenden weiterzugeben, bis wieder eine Zeit anbricht, in der Ideale und Menschen, die sie verkünden, verstanden werden.

Aus:Neue Kronstädter Zeitung, 1. Juli 1988, S.5.

Fortsetzung: Teil II


Erstellt am 01.November 1998. Aktualisiert am 01. Januar 1999


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